Bienensterben:

Die Lage spitzt sich dramatisch zu !

Communiqués de presse - avril 30, 2015
Kockelscheuer, 30. April 2015 - Nach dem massiven Bienensterben in den Jahren 2010-2013 hat sich die Lage der Bienen und anderer Bestäuberinsekten in Luxemburg und in Europa weiter verschlechtert. Mittlerweile ist fast jede zehnte Wildbienenart in Europa vom Aussterben bedroht. Das geht aus der roten Liste der vom Aussterben bedrohten Tierarten der Internationalen Naturschutzunion (IUCN Red List of Threatened Species) hervor. Die Bestandstrends bei den Bienen sehen nicht besser aus: bei 7,7 Prozent der Arten gehen die Bestände zurück. Auch in Luxemburg ist die Lage verheerend. Zwar gibt es für Wildbienen keine offiziellen Zahlen und auch die jährliche Zählung der Honigbienen ist noch nicht abgeschlossen, doch Berichte von Imkern sind alarmierend.

 

Anläßlich der heutigen Pressekonferenz berichtete der Luxemburger Imker Michel Collette über die dramatischen Verluste bei seinen Bienenvölkern während der vergangenen Winterperiode. Michel Collette ist ein erfahrenener Imker, der seit über 50 Jahren die Imkerei betreibt. Die Fotos, die er während der Pressekonferenz zeigte, belegen das massenhafte Sterben seiner Bienenvölker.

„Bei den Bienen sieht es in diesem Jahr sehr schlecht aus. In Luxemburg rechnet man zwischen 20 bis 100% Verluste. Viele kleine Imker haben keine Bienen mehr. Viele melden das auch nicht aus Angst, dass sie ausgelacht werden. Und immer dasselbe Bild: viel Mais- und Rapspollen, keine Brut und die Beuten sind einfach leer. Ich vermute Pollenvergiftung durch einen ganzen Cocktail aus Pestiziden“, berichtet Michel Collette, Imker aus Mertzig. „Ich bin seit über 50 Jahren Imker, aber ein Bienensterben wie in den letzten Jahren habe ich noch nie erlebt. Wann greifen unsere Politiker endlich ein und verbieten die Bienengifte?“

Lea Bonblet, Biologin bei natur&ëmwelt, berichtete ihrerseits über die neuesten Erkenntnisse über die Situation der Bienen und anderer Bestäuberinsekten in Europa. Lea Bonblet hatte am 20. April an einem internationalen Fachkongress (1) in Brüssel teilgenommen.

“Laut der aktuellen Europäischen Roten Liste der Bienen sind 9,2 Prozent der 1.965 Wildbienen vom Aussterben bedroht. Dieser Trend wird weitreichende Auswirkungen haben, denn Wildbienen spielen bei der Bestäubung vieler Kulturpflanzen und Wildblumen eine Schlüsselrolle, die für unsere Gesellschaft und unsere Landwirtschaft von essentieller Bedeutung sind”, erklärt Lea Bonblet. “Die Bestäubungsleistung stellt nicht nur einen großen Wirtschaftsfaktor dar, sie ist von kruzialer Bedeutung für die Sicherstellung unserer Nahrungsmittelproduktion und wichtiger Ökosystemleistungen. Der Verlust der Honigbienen erhöht europaweit die Bedeutung der Wildbienen bei der Bestäubung. Die intensive Landwirtschaft und zunehmende Zersiedlung sind die wichtigsten Verursacher des Bienensterbens. Die Landwirtschaft ist aber gleichzeitig der Sektor, der am meisten durch den Verlust der Bestäubungsleistung durch die Bienen betroffen ist.”

Die Verwendung dreier Bienengifte aus der Gruppe der Neonicotinoide ist seit Dezember 2013 europaweit für eine Vielzahl von Anwendungen für eine Frist von zwei  Jahren verboten. Für natur&ëmwelt und Greenpeace Luxemburg geht dies jedoch nicht weit genug. Die Organisationen fordern umgehend weitreichendere Maßnahmen, sowohl was den Einsatz von Pestizide anbelangt, als auch Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität in der Landwirtschaft. natur&ëmwelt und Greenpeace Luxemburg kritisierten in diesem Zusammenhang u.a. eine aktuelle Spritzempfehlung der Landwirtschaftskammer (2).

Bienensterben durch Pestizide, dokumentiert von Michel Colette (c)

Foto: Biene stirbt an Pestizidvergiftung: Dokumentiert vom Luxemburger Bienenexperten Michel Colette.

 “Es ist geradezu grotesk und völlig inakzeptabel, dass von öffentlicher Stelle das Spritzen mit weiteren bienengefährlichen Giften sogar empfohlen wird”, erklärt Martina Holbach von Greenpeace Luxemburg. “Substanzen wie Cypermethrin und Deltamethrin gelten als sehr bienengiftig. Wir fordern den zuständigen Minister Fernand Etgen auf, alle bienengefährlichen Wirkstoffe sofort zu verbieten !”

natur&ëmwelt und Greenpeace Luxemburg hatten im vergangenen Jahr mit einer gemeinsamen Kampagne auf die Problematik des Bienensterbens aufmerksam gemacht. Ein Erfolg der Kampagne war, dass die verantwortlichen Ministerien sich zur Überarbeitung des Nationalen Aktionsplans Pestizide bereit erklärten. Doch der neue Entwurf liegt noch immer nicht vor.

“Trotz öffentlichem Bekenntnis der politisch Verantwortlichen für den Bienenschutz und die ökologische Landwirtschaft fehlt es an einem beherzten Vorgehen”, stellt Roby Biwer, Präsident von natur&ëmwelt fest. “Wir rechnen mit einem neuen Entwurf des Nationalen Aktionsplans Pestizide nicht vor dem Sommer. Bis dann konkrete Schritte umgesetzt werden, wird es noch eine Ewigkeit dauern. Zudem möchte der Landwirtschaftsminister bis zu den Sommerferien das neue Agrargesetz durch das Parlament drücken. Wenn das passiert, haben wir für die nächsten Jahre die Chance verpasst, den notwendigen Paradigmenwechsel in der luxemburgischen Landwirtschaft einzuleiten.”

jeudi 30 avril 2015

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Foto: (c) Michel Collette

Weitere Informationen:

Lea Bonblet, natur&ëmwelt, Tel. 290404-313

Michel Collette, Tel. 83 85 88

Martina Holbach, Greenpeace, Tel. 54 62 52 24

Roby Biwer, natur&ëmwelt

(1)  http://cmsdata.iucn.org/downloads/agenda_launch_of_european_red_list_of_bees_20_april_2015.pdf

(2)  Insektizide gegen Rapsglanzkäfer, Pflanzenbau aktuell, Landwirtschaftskammer Luxemburg, 17. April 2015