Kommentar Greenpeace Luxembourg

Cattenom Notfallplan

Communiqués de presse - octobre 22, 2014

 

GREENPEACE LUXEMBOURG KOMMENTAR “CATTENOM-PLAN”

Die Luxemburger Regierung hat einen neuen Notfallplan veröffentlicht falls im AKW Cattenom eine Katastrophe passiert. Wie steht Greenpeace hierzu?

Greenpeace begrüßt prinzipiell diese Initiative und hat bereits nach der Katastrophe von Fukushima gefordert dass die externen Notfallpläne in Europa überarbeitet werden müssten. Fukushima hat gezeigt, dass man in Japan nicht gut vorbereitet war und es gab kontradiktorische Aussagen über die radioaktiven Emissionen und welche Zonen in welchem Umkreis evakuiert werden sollten. Der SuperGAU von Fukushima traf den japanischen Katastrophenschutz umso mehr da Japan auch zeitgleich mit den Folgen des Tsunamis zu kämpfen hatte.

Die Notfallpläne werden aber nicht das Risiko einer Atomkatastrophe reduzieren. Die Luxemburger Regierung muss an einer diplomatischen und juristischen Lösung des Cattenom-Problems arbeiten. Auch Greenpeace Luxemburg fordert die sofortige Schließung des französischen AKWs.

Warum wurde gerade jetzt ein Notfallplan veröffentlicht? Rechnet man mit einem Unfall in Cattenom?

Die Gefahren sind die gleichen die seit Jahren von Cattenom ausgehen. Es gab in regelmäßigen Abständen mehrere Zwischenfälle. Der Luxemburger Notfallplan war veraltet und musste den neuen demographischen Entwicklungen Rechnung tragen. Nach monatelanger Planung wurde der Plan jetzt endlich veröffentlicht.


In ganz Luxemburg können die Einwohner Jodtabletten in den Apotheken abholen. Hilft Jod wirklich im Falle einer Katastrophe.

Die Jodtabletten helfen ausschließlich gegen das gefährliche Isotop Jod-131 und damit nur gegen Schilddrüsenkrebs. Zusätzlich gibt es aber bei einem Atomunfall noch zahlreiche weitere gesundheitsgefährdende Stoffe, die freigesetzt werden. Jodtabletten schützen außerdem nur, wenn sie rechtzeitig vor dem Einatmen des radioaktiven Jod-131 eingenommen werden. Ob das bei einer Notsituation klappt, ist jedoch ungewiss. Bei Personen über 45 Jahren ist das Einnehmen von Jodtabletten eventuell nicht mehr wirksam.

Normalerweise müssten die Behörden im Falle einer Katastrophe angeben wann die Jodtabletten eingenommen werden sollen. Dies hängt von der Verbreitung der Radioaktivität über Luxemburg ab.

Wie kann die Luxemburger Regierung feststellen wie die Radioaktivität sich über Luxemburg ausbreitet?

Die Luxemburger Regierung hat ein gutes unabhängiges und flächendeckendes Messnetz. Die radioaktiven Werte können demnach ziemlich genau berechnet werden. Allerdings hängt dies immer von den Wetterbedingungen ab und von Informationen die die Luxemburger Behörden im Falle einer Katastrophe vom Betreiber des AKWs in Cattenom erhalten. Man muss Informationen über den Reaktor-Zustand haben um genau vorauszusagen welche radioaktiven Substanzen freigesetzt wurden oder freigesetzt werden können.

Der Luxemburger “Cattenom –Plan” sieht vor die Bevölkerung in einer ersten Phase in einem Umkreis von 15 Kilometer von der Zentrale entfernt zu evakuieren. Ist dies ausreichend?

Dies kann man nicht definitiv voraussagen. Es hängt davon ab, wo und wie schnell die Radioaktivität niedergeht und dies hängt wiederum von der Art der Katastrophe (Kernschmelze, Beschädigung des Containments,…) und den Wetterbedingungen ab.

 

In einer ersten Phase ist es sicherlich notwendig und hilfreich einen detaillierten Evakuierungsplan in einem Umkreis von 15 km zu haben. In Frankreich sehen die Notfallpläne vor, dass die Einwohner nur in einem Umkreis von 10 km evakuiert werden sollen. Es gibt keine einheitlichen Werte für Evakuierungen in Europa. Der Deutsche Strahlenschutz hingegen belegt in einer rezenten Studie, dass im Falle eines Unfalls 80% des hochradioaktiven Niederschlages im Umkreis von 12 km niedergeht.

Nach der Katastrophe von Fukushima hat Greenpeace empfohlen, dass eine Zone von 40km um den Reaktor evakuiert werden müsste. In dem 40 km entfernten Ort Itate, Präfektur Fukushima wurden erhöhte Strahlenwerte gemessen.

 

Der “Cattenom-Plan” empfiehlt, dass die Einwohner sich im Falle einer Katastrophe ihren Häusern aufhalten sollen. Ist dies hilfreich?

 

Dies soll während maximal 48 Stunden der Fall sein. Wenn die radioaktiven Werte zu hoch sind, müssen die Einwohner evakuiert werden. Falls man sich in einem geschlossenen Haus aufhält wird man zwischen 10% und 30% der Radioaktivität ausgesetzt gegenüber 100% bei einem Aufenthalt im Freien.

Ab welchem Wert sollen die Einwohner evakuiert werden?

Dies ist verschieden in der Europäischen Union. Die Werte für eine Evakuierung  liegen teilweise bei einer Strahlenbelastung  zwischen 50 und 300 Millisievert (mSv). Die IAEO empfiehlt eine Evakuierung  ab einer Strahlenbelastung  von 100 mSv in 7 Tagen. Erst wenn die Strahlenwerte nach einer Woche 100 mSv überschreiten, sollen Menschen in Sicherheit gebracht werden. Für Greenpeace ist der angesetzte Wert allerdings zu hoch. Aufgrund der natürlichen radioaktiven Strahlung in der Umwelt, ist jeder Mensch in Europa im Schnitt etwa 2 mSv pro Jahr ausgesetzt.

 

INFORMATIONEN RADIOAKTIVITÄT

STRAHLUNG VON AUSSEN UND VON INNEN

Wird der Körper direkter Strahlung ausgesetzt, reagiert zuerst die Haut mit Verbrennungen, es folgen Übelkeit und Erbrechen. Dies wurde in Tschernobyl bei Aufräumhelfern, den sogenannten Liquidatoren und Feuerwehrmännern beobachtet.  Bei höheren, eventuell tödlichen Strahlendosen lassen Immunsystem und Blutbildung nach. Menschen, die keine direkte Strahlung abbekommen, sind gefährdet, wenn sie über die Atemluft oder die Nahrung radioaktive Partikel aufnehmen, die noch nicht zerfallen sind. Beim Zerfall im Körper können diese das Erbgut schädigen oder Krebs auslösen. Werden die Menschen nicht evakuiert, oder leben über einen langen Zeitraum in einem kontaminierten Gebiet riskieren sie krank zu werden, auch noch Jahrzehnte nach einer Katastrophe.

 

STRAHLENDOSIS

Die Strahlenwirkung auf Menschen, Tiere und Pflanzen wird häufig in Sievert pro Stunde angegeben. Mit Hilfe der Einheit lässt sich abschätzen, wie schädlich eine Strahlung für einen Organismus ist. Sie berücksichtigt dabei die Strahlungsdauer, -art und -wirkung. 1 Sievert entspricht 1.000 Millisievert oder 1.000.000 Mikrosievert. Grundsätzlich gilt eine Einzeldosis von 6.000 Millisievert als tödlich (100 Prozent Sterblichkeit innerhalb von 14 Tagen).

Ob eine Person, die einer geringen Strahlendosis ausgesetzt war, gesundheitliche Schäden zu erwarten hat, lässt sich nicht eindeutig sagen. Die Grenzwerte beziehen sich in der Regel auf ein Jahr. Manche Experten gehen davon aus, dass dieselbe Strahlendosis über einen längeren Zeitraum weniger schädlich ist. Andere sagen, die Strahlung müsse addiert werden.

UNSER LEBEN MIT DER RADIOAKTIVITÄT

Wir sind ständig radioaktiver Strahlung ausgesetzt. Sie kommt aus dem Weltraum, aus Gestein oder der Nahrung. In Europa beträgt die natürliche Dosis 2,1 mSv (Millisievert) pro Jahr, im Gebirge ist sie höher als auf dem flachen Land. Noch einmal so viel bekommen wir im Schnitt bei medizinischen Untersuchungen und Therapien ab. 100 mSv gelten als diejenige Dosis, ab der mit einem erhöhten Krebsrisiko zu rechnen ist – so viel Strahlung bekamen AKW-Arbeiter in Fukushima teilweise an nur einem Tag ab.

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-  22. Oktober 2014