Pilotprojekt Blumen ohne Pestiziden in Luxemburg

Ein voller Erfolg!

Communiqués de presse - mai 16, 2017
Luxemburg-Kockelscheuer, 16. Mai 2017 - Anlässlich einer Pressekonferenz zogen die Organisationen Emweltberodung Lëtzebuerg, natur&ëmwelt a.s.b.l. und Greenpeace Luxemburg eine positive Bilanz des Projektes „Blummen ouni Pestiziden“. Das Projekt, das im Jahr 2015 mit nur wenigen Gärtnereien und Gemeinden gestartet wurde, hat sich mittlerweile zu einer wahren Erfolgsgeschichte entwickelt. Immer mehr Gärtnereien und Gemeinden in Luxemburg beteiligen sich und belegen, dass „Blummen ouni Pestiziden“ das Potential besitzt, diese Marktnische im luxemburgischen Garten- und Pflanzenbau zu schließen.

    
Pestizide sind für die Bienen und andere Bestäuberinsekten tödlich. Doch leider ist selbst der aktive Verzicht auf Pflanzenschutzmittel nicht ausreichend. In der Produktion angewandte giftige Pflanzenschutzmittel sind auch später, wenn die Pflanze im Garten oder im Kasten blüht, noch in der Pflanze vorhanden (1). Bestäuberinsekten nehmen die Gifte mit dem Pollen auf und können dadurch geschädigt werden. Zierpflanzen, die ohne den Einsatz von Pestiziden aufgezogen wurden, stellen daher eine enorme Perspektive zum Schutz von bestäubenden Insekten wie Bienen, Schmetterlingen, Schwebfliegen dar.

 

„Das Projekt „Blummen ouni Pestiziden“ versucht seit 2015 diese Problematik anzugehen. Bisher war das Angebot an Sommerblumen ohne Pestizide noch sehr klein“, erläutert Marianne Kollmesch, Projektleiterin bei der EbL. „Mehrere Luxemburger Gartenbaubetriebe haben sich jetzt entschieden, pestizidfrei zu produzieren. Immer mehr Gemeinden beschließen pestizidfreie Blumen zu pflanzen.“

 

Mittlerweile beteiligen sich 9 Produzenten und 30 Gemeinden in Luxemburg an dem Projekt, und auch von Seiten der Hobbygärtner steigt die Nachfrage.

  

Pestizide sind aber nicht der alleinige Grund für den Verlust der Bienenvielfalt, die intensive Landnutzung, durch Landwirtschaft und Pflanzenbau sowie die Ausweitung des Siedlungsraums führen zu Lebensraumverlust und Futtermangel (2). Mit dem Projekt „Pestizidfreie Blumen“ treffen wir also gleich zwei Ansatzpunkte im Bienenschutz: einerseits die Pflanzenproduktion, andererseits auch das sichere Nahrungsangebot im Siedlungsraum !

 

Die Bestäuberleistung der Bienen und insbesondere der Wildbienen wurde in den letzten Jahren mehrfach berechnet. Es ist eindeutig belegt, dass das Vorkommen der Wildbienen einen Einfluss auf den Ertrag und die Qualität in der Lebensmittelproduktion und somit einen hohen ökonomischen Wert hat. Aber auch der Impakt für den Artenschutz ist nicht zu unterschätzen, denn durch die enge Verbindung zwischen den Bienen und ihren Futterpflanzen, die sie bestäuben, sind sie maßgeblich am Erhalt der Pflanzenvielfalt beteiligt. Sterben Wildbienenarten aus – sterben auch Pflanzenarten aus.

 

„Pestizidfreie Blumen und Stauden zu produzieren ergibt darüber hinaus eine interessante Marktnische für luxemburgische Gartenbaubetriebe, die sich ansonsten im internationalen, nur auf den Preis ausgerichteten Wettbewerb schwer tun“, erklärt Michel Wilwert von der EbL. “Regional produzierte Pflanzen sind außerdem nachhaltiger, da der weite Transportweg entfällt.“

 

 

 

In Punkto bienenschädliche Gifte stehen auf EU-Ebene wichtige Entscheidungen an. Die EU-Kommission hat ein permanentes Verbot der drei Neonicotinoide Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam, die Bienen und andere Bestäuberinsekten schädigen, vorgeschlagen. Eine Lücke im Vorschlag der EU-Kommission erlaubt jedoch deren Einsatz bei Pflanzen, die permanent in Gewächshäusern bleiben.

 

„Der Vorschlag der EU-Kommission ist eine gute Nachricht für die Bienen und die Umwelt“, erklärt Martina Holbach, Campaigner bei Greenpeace Luxemburg. „Seit Jahren haben sich die Hinweise darauf verhärtet, dass Neonicotinoide Bienen schädigen. Wir appellieren an Landwirtschaftsminister Fernand Etgen, das permanente Verbot dieser Bienengifte zu unterstützen und sich dafür einzusetzen, dass auch die verbleibende Gesetzeslücke geschlossen wird.“

 

Ein Verbot dieser drei bienengefährlichen Pestizide ist jedoch nur der Anfang. Ähnliche für Bienen und andere Insekten gefährliche Chemikalien bleiben weiterhin zugelassen. Die EU muss daher die gleichen strengen Standards bei allen Pestiziden anwenden und den Übergang zu ökologischen Methoden der Schädlingsbekämpfung unterstützen.

 

Emweltberodung Lëtzebuerg, natur&ëmwelt und Greenpeace fordern in diesem Sinne auch von der luxemburgischen Regierung einen entschlossenen Einsatz, um den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft und im privaten Bereich zu beenden (3). Der zweite Entwurf des Nationalen Aktionsplans Pestizide dokumentiert, in welch besorgniserregendem Umfang die Gewässer und die Artenvielfalt in Luxemburg durch den Einsatz von Pestiziden belastet werden. Trotzdem wird der 2. Entwurf des Nationalen Aktionsplans Pestizide den Anforderungen nicht gerecht.

 

„Wir appellieren erneut an den Landwirtschaftsminister, im Rahmen des Nationalen Aktionsplans Pestizide besonders gefährliche Pestizide zu verbieten und ein generelles Pestizidverbot im privaten Bereich zu erlassen“, erklärt Lea Bonblet, Biologin bei natur&ëmwelt. „Damit der Einsatz von Pestiziden effektiv verringert werden kann, führt kein Weg daran vorbei, eine Strategie mit konkreten Zielen, Zahlen, Zeitplänen und Maßnahmen auszuarbeiten.“

 

Pestizide im Trinkwasser und in Lebensmitteln, das Bienensterben und der dramatische Verlust der Biodiversität in Luxemburg sind Aspekte derselben Gesamtproblematik, nämlich einer intensiven Landwirtschaft, wie sie hierzulande betrieben wird.

 

„Wenn die Regierung es ernst meint, muss sie auch den längst überfälligen Paradigmenwechsel hin zu einer nachhaltigen Landwirtschaft einleiten. Dazu gehört, dass prioritär der biologische Landbau, der ohne synthetische Spritzmittel auskommt, gefördert werden muss“, ergänzt Lea Bonblet.

 

 

 

Weitere Informationen:

Marianne Kollmesch, Emweltberodung Lëtzebuerg, Tel. 247 86869

Michel Wilwert / Nils Leches, Emweltberodung Lëtzebuerg, Tel. 247 86831

Lea Bonblet, natur&ëmwelt a.s.b.l., Tel. 29 04 04 - 1

Martina Holbach, Greenpeace Luxemburg, Tel. 54 62 52 24

 

Weitere Informationen zum Projekt „Blummen ouni Pestiziden“ und zu den teilnehmenden Gärtnereien und Gartenbaubetrieben finden Sie auf

 

http://www.ounipestiziden.lu/blummen-ouni-pestiziden.html

 

Link zum Video:

https://youtu.be/-Il97C9EvfI

 

 

 

 

 

(1) 2014 hatten natur&ëmwelt a.s.b.l. und Greenpeace im Rahmen ihrer gemeinsamen Kampagne zum Schutz der Bienen eine stichprobenartige Untersuchung von Gartenpflanzen aus luxemburgischen Baumärkten und Gartencentern durchgeführt. Die untersuchten Pflanzen, beliebte Futterpflanzen für Bienen, wurden auf Pestizidrückstände getestet. Die Ergebnisse waren erschreckend: in sämtlichen Proben wurden Rückstände von Pestiziden gefunden, darunter auch die wegen ihrer bienengefährlichen Eigenschaften EU-weit mit einem temporären Verbot belegten Neonicotinoide. Greenpeace und natur&ëmwelt forderten sowohl von der Politik als auch vom Handel umgehende Maßnahmen, damit Bienengifte und andere Pestizide sowohl aus der Landwirtschaft als auch aus dem Garten- und Zierpflanzenbau verschwinden.

 

Der Bericht „Pestizide in Zierpflanzen – Proben aus Luxemburg“ steht zum Download zur Verfügung:

 http://www.greenpeace.org/luxembourg/Global/luxembourg/image/2014/Bees/Report%20Bee%20Toxins%20Ornam%20Plants%20ForCare%20Lux%202014%20(DE).pdf

 

(2) European Red List of Bees, International Union for Conservation of Nature, 2014, https://portals.iucn.org/library/sites/library/files/documents/RL-4-019.pdf

 

(3) Fast 50 Prozent der in den Jahren 2011-2014 in der luxemburgischen Landwirtschaft verwendeten Substanzen stehen auf der Greenpeace-„Schwarzen Liste“ der in der EU zugelassenen Pestizide. Diese hochgefährlichen Pestizide werden in großem Stil eingesetzt: mehr als 40 Prozent der Gesamtmenge der ausgebrachten Pflanzenschutzmittel sind „schwarz gelistete“ Pestizide. Dabei wird kein anderes Pestizid mehr verwendet als Glyphosat: es macht mehr als 10 Prozent der in den Jahren 2011-2014 eingesetzten Pestizide aus. Obwohl Glyphosat im Verdacht steht, beim Menschen krebserregend zu sein, konnte bislang weder auf EU-Ebene noch auf nationaler Ebene ein Verbot durchgesetzt werden.