Greenpeace Luxemburg und Test BIOTECH fordern:

CETA nicht unterschreiben, TTIP Stoppen.

Communiqués de presse - mai 19, 2015



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Presserevue (online):
RTL-Tele,  Tageblatt Online

Luxemburg, 18. Mai 2015 –
Das geplante Freihandels-Abkommen zwischen der EU und den USA dient den Interessen der Konzerne und nicht uns Bürger/innen. So lautet das Fazit der Studie „Freihandel - Einfallstor für die Agro-Gentechnik. Auswirkungen von CETA und TTIP auf die EU-Regelungen im Bereich der Landwirtschaft“, die der Autor der Studie, Dr. Christoph Then (1), heute in Luxemburg vorgestellt hat. Dr. Then kommt in seiner Studie zu dem Ergebnis, dass es im Rahmen der geplanten Freihandelsabkommen der EU mit den USA (TTIP) und Kanada (CETA) entgegen den öffentlichen Verlautbarungen aus Brüssel sehr wohl beabsichtigt ist, die Standards für Umwelt- und Verbraucherschutz im Bereich der Agro-Gentechnik abzusenken.

Nachdem die EU in den vergangenen Jahren – zumindest teilweise – versucht hatte, im Rahmen der Welthandelsorganisation WTO ihre Zulassungs- und Kennzeichnungsverfahren gegenüber den USA und Kanada zu verteidigen, kommt es nun zu einem Kurswechsel: Die EU will sich jetzt vertraglich dazu verpflichten, ihre Standards denen der USA und Kanada weitgehend anzugleichen. Im Ergebnis könnten dann gentechnisch veränderte Organismen sogar ohne Risikoprüfung und Kennzeichnung zugelassen werden.

 

Grundlegende Elemente der EU-Gentechnikpolitik wie das Vorsorgeprinzip, Maßnahmen zum Schutz einer gentechnik-freien Landwirtschaft oder die verbindliche Kennzeichnung von Lebensmitteln, um die Wahlfreiheit der Verbraucher zu schützen, werden im vorliegenden Text von CETA nicht erwähnt und sind somit weder Ziel noch gemeinsame Grundlage des Vertrags. Die Ziele der Vereinbarung sind vielmehr einseitig auf wirtschaftliche Interessen ausgerichtet.

   


Laut CETA soll eine Vielzahl gemeinsamer Gremien geschaffen werden, die in ihrer Mehrheit voraussichtlich nicht öffentlich tagen werden. Dadurch würde eine Art Schatten-Expertenregierung entstehen, die bestehende und zukünftige gesetzliche Regelungen auf ihre Vereinbarkeit mit dem Freihandelsabkommen prüfen soll. Diese Gremien sind ähnlich problematisch wie die umstrittenen Schiedsgerichte: Hier werden entscheidende Kompetenzen von den demokratisch legitimierten Institutionen auf Expertengremien verlagert, die als eine art „höhere Gewalt“ installiert werden. Die Politik wird unter diesen Rahmenbedingungen „alternativlos“ auf die Maßgaben des Freihandels und die Interessen der Industrie ausgerichtet.

 

Greenpeace warnt vor den Auswirkungen der transatlantischen Freihandelsabkommen auf die EU-Gentechnik-Regelungen im Bereich der Landwirtschaft. Die Absenkung der europäischen Standards im Bereich der Anbauzulassung sowie den Importzulassungen für gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel ist bereits im vollen Gange. Nachdem im April neue, rechtlich unzureichende Regeln für den Anbau von Gentech-Pflanzen in Kraft getreten sind, sollen nun auch die Regeln für den Import von Genfood und Genfeed durch sogenannte Opt-out-Klauseln geändert werden.

 

Für Greenpeace wird damit das in Europa geltende Vorsorgeprinzip ausgehöhlt. Den Mitgliedsstaaten der EU wird über den Weg von möglichen nationalen Verboten eine Wahlfreiheit vorgetäuscht. Es wird jedoch sowohl rechtlich als auch praktisch fragwürdig sein, dass diese nationalen Verbote auch umgesetzt werden können. Es muss damit gerechnet werden, dass multinationale Konzerne auch in Bereich Gentechnik in Zukunft von einem möglichen Klagerecht über Schiedsgerichte Gebrauch machen werden.

 

Greenpeace appelliert an Regierungschef Xavier Bettel, die Unterzeichnung des Freihandelsabkommens CETA mit Kanada abzulehnen und die Verhandlungen um das Freihandelsabkommen mit den USA TTIP zu beenden. Parallel müssen sich die für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz zuständigen Minister Carole Dieschbourg, Lydia Mutsch und Fernand Etgen gegen den neuen Kommissionsvorschlag für den Import von Gen-Food und –Feed einsetzen und von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sein Versprechen für die Demokratisierung der europäischen Gentechnik-Zulassungsverfahren einfordern (2).

 

 

Weiter Informationen:

Dr. Christoph Then, Testbiotech e.V.

Martina Holbach, Greenpeace

 

Die Studie „Freihandel - Einfallstor für die Agro-Gentechnik. Auswirkungen von CETA und TTIP auf die EU-Regelungen im Bereich der Landwirtschaft“ ist zum Download erhältlich auf www.greenpeace.lu

 

 

(1) Dr. Christoph Then ist Geschäftsführer von Testbiotech e.V. (www.testbiotech.org) und Koordinator des internationalen Bündnisses „Keine Patente auf Saatgut“ (www.no-patents-on-seeds.org. Er beschäftigt sich seit etwa 20 Jahren mit aktuellen Fragen der Gen- und Biotechnologie und ist Mitbegründer der Initiative „Kein Patent auf Leben!“.

 

(2) Als Jean-Claude Juncker sich am 15. Juli 2014 vor dem Europaparlament in Straßburg um das Amt des Präsidenten der EU-Kommission bewarb, kündigte er an, er wolle die Rechtsvorschriften für die Zulassung gentechnisch veränderter Organismen überprüfen lassen (3). Zur Begründung meinte Juncker, dass er es für nicht richtig hielte, dass die EU-Kommission die Einfuhr und die Verarbeitung von GMOs genehmigen könne, obwohl eine klare Mehrheit der Mitgliedstaaten dagegen sei.

 

Am 22. April hatte die EU-Kommission einen Vorschlag zur Änderung der Regelungen für den Import gentechnisch veränderten Organismen vorgelegt. Der Reformvorschlag würde es der EU-Kommission nach wie vor ermöglichen, die Einfuhr von GMOs zu genehmigen, auch wenn ein Großteil der nationalen Regierungen, das Europaparlament und die Öffentlichkeit dagegen wären.

 

Zwei Tage später, am 24. April ,hatte Jean-Claude Juncker endgültig sein Versprechen gebrochen. Die EU-Kommission hatte 19 GMOs zum Import zugelassen. Die Hälfte dieser GMOs werden in Verbindung mit Glyphosat angebaut, einem seit kurzem von der WHO als möglicherweise krebserregend eingestuften Agrargift.

 

(3) „Ich beabsichtige auch, die Rechtsvorschriften für die Zulassung genetisch veränderter Organismen zu überprüfen. Aus meiner Sicht ist es einfach nicht richtig, dass die Kommission nach den geltenden Vorschriften rechtlich gezwungen ist, die Einfuhr und Verarbeitung neuer Organismen zu genehmigen, obwohl eine klare Mehrheit der Mitgliedstaaten dagegen ist. Die Kommission sollte der Meinung der Mehrheit demokratisch gewählter Regierungen zumindest dasselbe Gewicht beimessen können wie wissenschaftlichen Gutachten, vor allem, wenn es um die Sicherheit unserer Lebensmittel und unserer Umwelt geht.“

Jean-Claude Juncker, Ein neuer Start für Europa: Meine Agenda für Jobs, Wachstum, Fairness und demokratischen Wandel, Politische Leitlinien für die nächste Europäische Kommission, Straßburg, 15. Juli 2014, http://ec.europa.eu/priorities/docs/pg_de.pdf