Auch in diesem Jahr feiern wir am 8. März, den Internationalen Frauenrechtstag**, erneut das Streben nach Gleichberechtigung von Frauen. Wie jedes Jahr ist es uns ein Anliegen, an das Engagement von Greenpeace für ein Ende der Ungleichbehandlung der Geschlechter zu erinnern: Denn an diesem Tag der Solidarität erscheint es uns essentiell, darauf hinzuweisen, dass gesellschaftliche und soziale Konflikte voneinander abhängen und dass man nicht von Umweltschutz ohne Feminismus, von Feminismus ohne Rassismus und von Rassismus ohne den Kampf der Klassen sprechen kann.
Die Quelle des Übels
Angesichts der Tatsache, dass Luxemburg zum zweiten Mal in Folge der erste EU-Staat ist, der seinen Erdüberlastungstag (Overshoot Day) erreicht hat, sollten wir uns allmählich fragen, worauf es in Wirklichkeit ankommt: auf unseren Konsum, unseren Wohlstand und unser Bruttoinlandsprodukt? Oder sollten wir uns stattdessen darauf konzentrieren, einander zu helfen und uns um das Wohlergehen unserer Kinder, älterer Menschen und das eines jeden Einzelnen zu kümmern?
Was auf den ersten Blick als utopisch erscheinen mag, ist in Wahrheit der Kern gesellschaftlicher Belangungen, insbesondere ökologischer Art (vor allem das ewige Streben nach Wachstum ist die Ursache für unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und für die Klimakrise), aber auch der Gleichstellung der Geschlechter. Die Mehrheit der Beschäftigten, die im Bereich der Pflege tätig sind, sind Frauen. Dabei handelt es sich oft um unsichere und wenig angesehene Berufe. Der Bedarf an Krankenschwestern, Kinderpflegerinnen, Hausangestellten usw. geht jedoch weit über diese Art von bezahlten Jobs hinaus. Denn wie verhält es sich mit all den Frauen (auch hier in der Mehrheit), die eine zusätzliche psychische Belastung durch die Erledigung von häuslichen Pflichten tragen? Was ist mit all den Tätigkeiten, die unser Bruttoinlandsprodukt nicht berücksichtigt, die für unsere Gesellschaft jedoch unersetzlich sind? Wie beispielsweise die Haushaltsführung, das Kochen, Arzttermine für die ganze Familie, der Besuch der Großeltern im Altenheim, die schulische Betreuung der Kinder oder Aktivitäten in der Nachbarschaft – und das alles ohne jegliche finanzielle Entschädigung?
Wie ist es möglich, dass in der heutigen Gesellschaft Geld immer noch allzu oft als einziger Indikator für Erfolg oder Sinnhaftigkeit gilt?
Zeit für einen Wandel
Die unterschiedlichen Krisen, die wird in den letzten Jahren bewältigten mussten, insbesondere die Covid-19-Pandemie, haben uns jedoch vor allem eines gelehrt: Die Arbeit von Pflegekräften, Hausangestellten und sonstigen Hilfskräften ist vor allem in solch ungewissen Zeiten stark gefordert.
Die kritische Hinterfragung unseres Wirtschaftsmodells ist allerdings nicht neu. So schrieb ein gewisser Karl Marx Mitte des 19. Jahrhunderts: “Die wesentliche Bedingung für die Existenz und Herrschaft der Bourgeoisieklasse ist die Anhäufung und Vermehrung des Reichtums in den Händen von wenigen, die Arbeitsweise des Kapitals ist die Lohnarbeit.”
Für den Vater des Marxismus wie auch für viele Feministinnen aus der ganzen Welt und über mehrere Generationen hinweg geht es darum, alle natürlichen und kulturellen Ressourcen zu beanspruchen. Diese Ressourcen sollten von einer Gemeinschaft gleichermaßen geteilt und genutzt werden und nicht im Besitz von Einzelpersonen sein.
Denn die Summe dieser grundlegenden Aufgaben, ob im Haushalt oder im sozialen Bereich, ist harte Arbeit, die obendrein unverzichtbar ist: Sie trägt zur Aufrechterhaltung gesellschaftlicher Beziehungen und zum reibungslosen Funktionieren unserer Gesellschaft bei.
Die Anerkennung dieser Arbeit muss Teil einer umfassenden Lösung sein, deren Ziel es sein sollte, die Machtverhältnisse in unserer Gesellschaft wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Es ist also nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit und Gleichheit, den Wohlstand gleichmäßig auf die verschiedenen sozialen Klassen und Geschlechter zu verteilen, sondern schlichtweg die einzige Hoffnung auf eine Zukunft, in der die Menschheit weiterhin gedeihen kann.
Denn durch die Prekarisierung dieser Art von Arbeit, bei der es primär um die menschliche Gesundheit und die Erhaltung des Planeten geht, bewegen wir uns unaufhaltsam auf eine dunkle Zukunft zu. Eine Zukunft auf einer verschmutzten und unbewohnbaren Erde, in der nur die Reichsten auf Kosten der Ärmsten überleben. Wobei letztere, wie wir uns erinnern, oftmals Frauen sind.
Lösungen existieren bereits
Natürlich geht es nicht darum, sämtliche Probleme mit einem Schlag zu lösen. Aber für die Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie für den Schutz unseres Planeten gibt es bereits bekannte Lösungen: Schluss mit den Sparmaßnahmen, Förderung der öffentlichen Dienstleistungen und des Wohlfahrtssystems und vor allem eine Reform unseres Finanzsystems, damit unsere Wirtschaft nicht mehr nur die Interessen und Profite der Unternehmen schützt und Menschenrechte vernachlässigt werden.Es geht darum, sich für neue Wirtschaftsmodelle wie das Degrowth-Konzept oder die Gemeinwohlökonomie zu entscheiden. Es geht darum, die Gewinne und die Umweltverschmutzung von Unternehmen zu besteuern. Es geht darum, sich wieder auf das zu konzentrieren, was wirklich wichtig ist. Und es geht darum, dies unverzüglich zu tun und ohne zu glauben, dass es unmöglich sei.
*Unter dem Pronom “Frau” versteht sich jede Person, die sich als eine solche bezeichnet oder sozial als Frau identifiziert wird.
** Wir haben uns bewusst gegen die Verwendung der offiziellen Bezeichnung der Vereinten Nationen “Internationaler Frauentag” entschieden, und bevorzugen stattdessen die für uns passender erscheinende Bezeichnung “Internationaler Frauenrechtstag”, die in einigen anderen Ländern wie z. B. Frankreich verwendet wird.