Rückblick auf den Besuch einer indigenen Delegation aus Brasilien am 7. und 8. September 2025 in Luxemburg.

Vom 7. bis 8. September 2025 empfing Greenpeace Luxemburg eine Delegation der Articulação dos Povos Indígenas do Brasil (APIB), der Dachorganisation der indigenen Bewegung in Brasilien. Vier Vertreter:innen – Dinamam Tuxá, Luana Kaingang, Otacir Pereira Figueiredo und Fabiano Awa Mitã – machten auf ihrer Europatour Halt in der luxemburgischen Hauptstadt, nach Zwischenstopps in Paris und Brüssel. Anschließend  reisten sie weiter nach Amsterdam und Berlin.

Ein starkes Zeichen vor der Abgeordnetenkammer

Ein zentrales Ereignis ihres Besuchs war eine symbolische Aktion vor der Abgeordnetenkammer, gemeinsam mit Greenpeace Luxemburg und Vertreter:innen der Zivilgesellschaft. Mit ihren Bannern und Botschaften richteten die indigenen Führungspersönlichkeiten der APIB einen dringenden Appell an die politische Institution: Die Zerstörung des Amazonas muss gestoppt und die Rechte der dort lebenden Völker gesichert werden.

Dieser Appell steht im Kontext einer alarmierenden Realität: Nahezu 17 % des größten tropischen Regenwaldes der Welt sind bereits zerstört. Laut Wissenschaftler:innen könnte bereits bei einer Entwaldungsrate von 20–25 % ein unumkehrbarer Kipppunkt erreicht werden, mit dramatischen Folgen für das Klima, die Biodiversität und Millionen von Menschen, die im und vom Regenwald leben und auf ihn angewiesen sind.

Angesichts dieser Bedrohung unterstrich die Delegation die besondere Verantwortung Europas. Sie forderte die luxemburgische Regierung auf, die umfassende Umsetzung der EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) zu unterstützen, die verhindern soll, dass Produkte, die mit der Zerstörung von Wäldern in Verbindung stehen, auf den europäischen Markt gelangen. Zudem forderten sie eine klare Ablehnung des EU-Mercosur-Abkommens, das den Druck auf indigene Gebiete weiter verschärfen wird. Mit eindrücklichen Erfahrungsberichten zeigten die APIB-Vertreter:innen, wie politische Entscheidungen in Brüssel oder Luxemburg bereits heute direkte Auswirkungen auf ihr tägliches Leben haben.

Die Delegation betonte auch, dass nicht nur der Amazonas, sondern alle sechs großen Biome Brasiliens gefährdet sind: sowohl der Amazonas-Regenwald, aber auch der Atlantische Regenwald (Mata Atlântica), die Savannen des Cerrado, die halbtrockene Caatinga, die Pampa-Ebenen sowie das riesige Feuchtgebiet Pantanal. Sie alle werden von Entwaldung, der Agrarindustrie und dem globalen Handel mit Rohstoffen, die aus diesen Gebieten extrahiert werden, bedroht. Diese Ökosysteme zu schützen heißt, sowohl das klimatische Gleichgewicht zu bewahren als auch die Grundrechte der betroffenen Bevölkerungen zu sichern.

Ein Abend des Austauschs und Teilens

Gleich nach ihrer Ankunft traf sich die Delegation mit dem Team von Greenpeace Luxemburg und Vertreter:innen mehrerer Nichtregierungsorganisationen zu einem persönlichen Austausch. In einer warmen und offenen Atmosphäre eröffneten die indigenen Anführer:innen das Treffen mit einem traditionellen Lied, ein bewegender Moment, der tiefe Verbindung und gemeinsames Erleben spürbar werden ließ.Im Anschluss berichteten sie über ihre Kämpfe und beantworteten Fragen der luxemburgischen Zivilgesellschaft. Dabei erinnerten sie daran, dass der Schutz ihrer Völker und Gebiete eine gemeinsame Aufgabe ist, die uns alle betrifft. Besonders eindrucksvoll war der Beitrag von Fabiano Awa Mitã, der die heilige Beziehung seiner Gemeinschaft zum Wald betonte und sich „im Namen der indigenen Völker Brasiliens bei allen Menschen bedankte, die sich für den Klimaschutz einsetzen”.

© Lara D’Antonio

Zahlreiche politische Treffen

Am folgenden Tag setzte die Delegation ihre Gespräche mit verschiedenen politischen Akteuren Luxemburgs fort.

Am Morgen wurden sie von der CSV-Fraktion empfangen. Der Abgeordnete Jeff Boonen, Vorsitzender des parlamentarischen Ausschusses für Landwirtschaft, Ernährung und Weinbau, zeigte sich tief bewegt von den Berichten über die zerstörerischen Auswirkungen der Agrarindustrie auf indigene Gebiete – insbesondere im Hinblick auf das mögliche EU-Mercosur-Abkommen.

Später besuchte die Delegation die Demokratische Partei (DP). Nach intensiven Diskussionen betonte der Abgeordnete Gusty Graas, Vorsitzender der Kommission für auswärtige und europäische Angelegenheiten, die Wichtigkeit, Menschenrechte und Umweltschutz in den Mittelpunkt internationaler Handelsabkommen zu stellen.

Am Nachmittag wurde die Delegation im Ministerium für Umwelt, Klima und Biodiversität empfangen – gemeinsam mit Vertreter:innen des Außenministeriums. Andrew Ferrone, stellvertretender Direktor für Klima und nachhaltige Entwicklung, renommierter Wissenschaftler und Luxemburger Verhandlungsführer bei IPCC und UN, hörte sich die Anliegen der APIB an, bevor er selbst im November zur COP30 nach Brasilien reist.

Hoffnung auf die COP30

Während ihres gesamten Besuchs betonten die indigenen Vertreter:innen, dass die COP30 nicht nur ein diplomatisches Treffen, sondern ein echter Wendepunkt  für den Schutz der Wälder und der Menschen sein müsse, die dort leben.Otacir Pereira Figueiredo zeigte sich entschlossen, aber auch besorgt: „Wir hoffen, dass die COP30 in Brasilien ein wirklich bedeutendes Ereignis wird, das positive Auswirkungen auf unser Leben hat. Derzeit sind die Gesetze zum Umweltschutz in unserem Land geschwächt. Es ist Zeit für Veränderung: Wir brauchen starke und ambitionierte Gesetze  zum Wohl unserer Völker und unseres Planeten.“

Illegal Road and Machinery in the Yanomami Indigenous Land in the Amazon. © Valentina Ricardo

Gemeinsam Verantwortung übernehmen, jenseits von  Grenzen

Der Besuch der APIB in Luxemburg war weit mehr als ein symbolischer Austausch. Er schuf unsichtbare, aber nachhaltige Verbindungen zwischen fernen Realitäten und lokalen Verantwortungen.

Im Beisein politischer Entscheidungsträger:innen erinnerten die Stimmen von Dinamam, Luana, Otacir und Fabiano an eine einfache Wahrheit: Hinter jeder politischen Entscheidung stehen konkrete menschliche Schicksale und bedrohte Ökosysteme. Der Schutz des Amazonas ist nicht allein Brasiliens Verantwortung – er ist eine globale Verpflichtung, die uns alle betrifft.

Luana Kaingang brachte es auf den Punkt, als sie das Erbe ihrer Gemeinschaft schilderte: „Unsere Vorfahren haben gelitten, damit wir heute unsere Rechte und unsere Gebiete verteidigen können. Jetzt tragen wir diese Verantwortung – damit unsere Kinder eine Zukunft haben. Aber wir schaffen das nicht alleine. Wir brauchen die Hilfe aller, um unsere Wälder zu schützen.“
Nächster Termin: Am 14. Oktober organisiert Greenpeace Luxemburg die Vorführung des Films We Are Guardians im Kino Utopia. Ein unverzichtbarer Termin, um die Diskussionen um den Schutz der Regenwälder und der indigenen Gemeinschaften fortzuführen und tief in die Lebensrealitäten der Menschen einzutauchen, die den Amazonas täglich verteidigen. Wir laden Sie schon jetzt ein, sich dieses Datum im Kalender einzutragen und mit uns gemeinsam die Stimme der indigenen Völker zu stärken – bis zur COP30 und darüber hinaus!