Green Finance: Luxemburg als Brückenbauer in Schlüsselländern für den globalen Klimaschutz

(English version below)

Von Lauren Huleatt und Martina Holbach
(comme paru le 6 Juillet dans le Luxemburger Wort)

Luxemburgs Pro-Kopf-Ausstoß von Treibhausgasen gehört zu den höchsten weltweit. Eine Verringerung des Verbrauchs fossiler Brennstoffe, so notwendig er für das Land ist, trägt nur geringfügig zur Verringerung der weltweiten Treibhausgasemissionen bei. Wenn es jedoch um die Gestaltung des globalen Energiemixes geht, hat Luxemburg einen überproportional hohen Einfluss. Als Zentrum für grüne Finanzen und zentrales Tor für Investitionen in China ist Luxemburg gut positioniert, um die Energiepolitik Asiens zu beeinflussen, insbesondere wenn es um die schmutzige und klimaschädliche Kohle geht.

Luxemburgs Einfluss als Bindeglied zwischen Europa und China ist stark: 79,5 Prozent des in Festlandchina investierten europäischen Vermögens sind luxemburgische Fonds und 30,9 Prozent der in China investierenden globalen Investmentfonds sind in Luxemburg angesiedelt. In den letzten 40 Jahren haben sieben große chinesische Banken ihre EU-Zentralen in Luxemburg eingerichtet und damit Luxemburg de facto zum Tor Chinas zur Europäischen Union gemacht.

Chinesische Banken und ihre in Luxemburg regulierten Gesellschaften gehören zu den weltweit größten Kohleinvestoren. Die China Construction Bank, die Industrial and Commercial Bank of China, die Bank of China und die Agricultural Bank of China sind die vier weltweit führenden Banken im Bereich der Finanzierung von Kohlebergbau und Kohleverstromung. Obwohl China bei der Erzeugung und Entwicklung erneuerbarer Energien weltweit führend ist, ist Kohle sowohl im Inland als auch bei seinen Auslandsinvestitionen die dominierende Energiequelle geblieben.

Und obwohl Luxemburg über ein grünes Finanzzentrum verfügt, hat das Land – zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung -wenig unternommen, um die Finanzströme dieser chinesischen Geldinstitute in Kohle zu beeinflussen.

Die AIIB stellt sich als „schlank, sauber und grün“ dar

Bereits in wenigen Tagen hat Finanzminister Pierre Gramegna die Chance, die Position Luxemburgs als grünes Finanzzentrum wirksam einzusetzen: am 12. und 13. Juli wird die Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB), Chinas multilaterale Entwicklungsbank (MDB), ihre Jahrestagung in Luxemburg abhalten.

Die AIIB, die sich als „schlank, sauber und grün“ darstellt, ist Chinas Antwort auf die größten MDBs der Welt – die Weltbank und die Asiatische Entwicklungsbank. Die AIIB hat sich bislang nicht bei Bergbau-, Öl- oder Kohleprojekten engagiert. Die Hoffnung besteht, dass die AIIB ein Finanzkanal sein könnte, über den umweltfreundliche Investitionen in ganz Asien gefördert werden können. Doch die Energiepolitik der AIIB in puncto Kohlefinanzierung bleibt hinter den Best Practices des Sektors zurück, denn Investitionen in Kohle werden bislang nicht völlig ausgeschlossen. Obwohl man davon ausgegangen war, dass die AIIB sich zum Nachhaltigkeitspionier unter den MDBs entwickeln würde, wurden bis zum 30. Juni 2019 rund 26 Prozent ihres Projektportfolios in fossile Brennstoffe investiert. Das Portfolio enthielt nur ein einziges erneuerbares Energienprojekt, das nicht im Bereich Wasserkraft angesiedelt war.

Die Entscheidung, Luxemburg als Gastgeber der vierten Jahrestagung der AIIB und der ersten nicht regionalen Tagung außerhalb Asiens zu wählen, ist interessant. Denn der Anteil Luxemburgs mit nur 0,07 Prozent des gezeichneten Kapitals der Bank und 0,29 Prozent der Stimmrechte ist eher unbedeutend. Vielleicht ist dies ein Versuch, die AIIB grün aussehen zulassen, um weiterhin Business as usual zu betreiben.

Die Tatsache, dass Luxemburg als Tagungsort der diesjährigen AIIB-Jahresversammlung auserwählt wurde, scheint die Rolle des Großherzogtums als nachhaltiger Finanzkanal zwischen China und dem Rest der Welt zu stärken. Luxemburg hat dadurch die Gelegenheit, auf der globalen Bühne mit Blick auf Asien einen höheren Stellenwert einzunehmen und zu beweisen, welche Art von Finanzplatz es sein will. Wenn die luxemburgische Regierung und Minister Gramegna ehrgeizige Klimaschutzziele verfolgen wollen, müssen sie ihren Einfluss geltend machen und sich auf der Jahrestagung dafür einsetzen, dass die AIIB wirklich grün wird.

Kein Spielraum für neue Kohleinvestitionen

Weltweit gibt es keinen Spielraum für neue Kohleinvestitionen. Die Wissenschaftler des Weltklimarates IPCC stimmen überein, dass der Kohleverbrauch bis 2030 um mindestens zwei Drittel und bis 2050 auf netto Null gesenkt werden muss, um die durchschnittliche globale Temperaturerhöhung auf 1.5°C zu begrenzen.

Insbesondere in den Regionen, in denen neue Kohlekraftwerke in einer Größenordnung geplant sind, die die Klimaziele sprengen können, müssen große Geldmengen in klimafreundliche Projekte gelenkt werden. In dieser Hinsicht sind China und andere asiatische Länder wich-
tige Schauplätze.

Durch seine hervorragenden Beziehungen zu einigen derwichtigsten Finanzakteure Chinas und seiner Rolle als europäischer Marktführer für nachhaltige Fonds hat Luxemburg die Verbindungen und die Fähigkeiten, andere Finanzinstitute in China, dem weltweit größten Geldgeber für Kohle, dazu zu bewegen, sich von der Kohle zu verabschieden und erneuerbare Energien über grüne Finanzinstrumente zu fördern. Minister Gramegna scheint dies zu erkennen. Er erklärte kürzlich, dass nachhaltiges Finanzieren ein größeres Potenzial habe als traditionelles. Er könne sich durchaus vorstellen, dass das luxemburgische Grüne-Anleihen-Gesetz „ein Wegbereiter für Chinas Banken sein könnte“.

Innovative Lösungen im Green Finance-Bereich werden benötigt. Ein Schlüssel zur Bewältigung der Klimakrise ist die Neugestaltung des Finanzsystems, um die Investoren traditioneller Infrastrukturen dazu zu bewegen, in neue Infrastrukturformen zu investieren. Zum Beispiel könnten über Luxemburg chinesische Investitionen in erneuerbare Energien in Europa und weltweit mobilisiert werden. Hierfür müssten neue Finanzierungsmechanismen geschaffen werden, um ein Infrastrukturinvestitionsmodell zu fördern, das der besonderen Projektstruktur von erneuerbaren Energieprojekten Rechnung trägt. Investitionen in erneuerbare Energien gelten seit Jahrzehnten als schwierig, da die Projekte von Investoren zumeist als „zu klein“ oder als „nicht bankfähig“ bewertet werden.

Darüber hinaus könnte Luxemburg diejenigen chinesischen Banken, deren europäische Hauptsitze sich in Luxemburg befinden, davon überzeugen, ihre direkten Kanäle mit Peking zu nutzen, um Green-Finance-Lösungen zu fördern und die Green-Finance-Politik in China zu stärken.

Die AIIB verfügt über ein starkes Kreditprofil, das die Emission von Green Bonds mit Luxemburg als Partner für beide Parteien zu einem Gewinn machen und die Ernsthaftigkeit der AIIB in Bezug auf ihr Mantra als „grüne“ Bank demonstrieren würde. Die AIIB tätigte kürzlich ihre erste Anleiheemission in London, und es ist davon auszugehen, dass die Erlöse für Projekte verwendet werden, die den schwachen Rahmenbedingungen der Bank bei Umwelt- und Sozialstandards entsprechen.

Die Unterstützung einer Green-Bond-Emission wäre für Luxemburg eine naheliegende Möglichkeit, seine Expertise zu nutzen, um AIIB-Gelder für umweltfreundliche Infrastrukturmaßnahmen bereitzustellen.

Als ungleiches Paar sollten China und Luxemburg das AIIB-Jahrestreffen nutzen, um die globalen Voraussetzungen für verbesserte, nachhaltige Finanzlösungen und Zusammenarbeit zu schaffen. Mit Hilfe von Luxemburg kann China innovative Mechanismen und Lösungen in seine Politik und Praxis einführen und den direkten Kanal für seine Kapitalflüsse nach Europa nutzen. Mit der Hilfe Chinas kann Luxemburg seinen Einfluss als Drehscheibe für nachhaltige Finanzen weit über seine Grenzen hinaus und seine Position als weltweites Tor nach Europa für nachhaltige Finanzen ausbauen.

Minister Gramegna muss seine Kollegen nachdrücklich davon überzeugen, dass die „Zukunft der Finanzen grün sein wird und sein muss“ (Zitat Robert Scharfe, CEO Luxembourg Stock Exchange). Luxemburg hat die Fähigkeit, eine führende Rolle bei der Überbrückung der Kluft zwischen Klimaschutzambitionen und dem, was zur Finanzierung der Energiewende benötigt wird, einzunehmen, insbesondere in den Regionen der Welt, in denen über die Zukunft unseres Klimas entschieden wird. Luxemburgs Herangehensweise bei der AIIB-Jahresversammlung wird in dieser Hinsicht ein entscheidender Moment sein.

* Lauren Huleatt ist Campaigner für nachhaltige Finanzen bei Greenpeace East Asia,
Martina Holbach ist Campaigner für nachhaltige Finanzen bei Greenpeace

 

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