Luxemburg, der 14. Mai 2025 – Die Mitgliedstaaten des Europarates treffen sich heute in Luxemburg, um im Rahmen des Ministerkomitees über ein entscheidendes Thema zu diskutieren: die Anerkennung des Rechts auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt. Aus diesem Anlass demonstrierten Aktivisten von ASTM, Fairtrade Lëtzebuerg und Greenpeace vor dem European Convention Center, um die luxemburgische Ratspräsidentschaft und die europäischen Regierungen aufzufordern, unverzüglich Verhandlungen über ein rechtsverbindliches Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention aufzunehmen. Für die drei Organisationen ist es zwingend erforderlich, dass Luxemburg Verantwortung übernimmt und diesen Prozess noch vor Ende seiner Präsidentschaft einleitet, da die Krisen in Bezug auf Klima, Biodiversität und Umweltverschmutzung die Gewährleistung der Grundrechte und -freiheiten in Europa und darüber hinaus ernsthaft gefährden.

©  Bobby Inglish

ASTM, Fairtrade Lëtzebuerg und Greenpeace werfen den politischen Mehrheitsparteien und der luxemburgischen Regierung vor, die demokratische Debatte über dieses Grundrecht zu bremsen. In einem internationalen Kontext, in dem die Bedrohungen für das Recht auf eine gesunde Umwelt zunehmen, ist es besonders besorgniserregend, dass Luxemburg sich seiner Verantwortung im Europarat entzieht.

Die Position des Großherzogtums in dieser Thematik ist, trotz offen bekundeter Verpflichtungserklärungen auf internationaler Ebene, von zahlreichen Widersprüchen geprägt. Erst letzten Monat unterstützte Luxemburg im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen eine neue Resolution über das Recht auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt. Diese Position steht im Gegensatz zur Haltung auf nationaler und europäischer Ebene: Nachdem der am 18. März in der Abgeordnetenkammer eingereichte Antrag zu diesem Thema an einen parlamentarischen Ausschuss verwiesen worden war, wurde die für den 7. Mai angesetzte Sitzung am Vortag ohne Erklärung abgesagt. Dies bestätigt, dass dieses Thema, obwohl es von entscheidender Bedeutung ist, offenbar nicht zu den politischen Prioritäten gehört.

Obwohl die Notwendigkeit eines verbindlichen Rechtsinstruments zur Anerkennung des Rechts auf eine gesunde Umwelt im Europarat seit Jahrzehnten diskutiert wird, wurde bis heute noch kein Mandat zur Aufnahme von Verhandlungen beschlossen. Ohne dieses bleibt die Anerkennung des Rechts auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt blockiert. Dabei hatten sich alle Mitgliedstaaten des Europarats auf dem Gipfeltreffen in Reykjavik 2023 verpflichtet, die formelle Anerkennung dieses neuen Rechts auf nationaler und europäischer Ebene „aktiv“ in Betracht zu ziehen.

Indem sie die Aufnahme dieser Verhandlungen verzögern, zeigen die luxemburgische Ratspräsidentschaft und die europäischen Regierungen eine große Inkohärenz. Die Staaten widersprechen den Verpflichtungen, die sie in Reykjavik sowie in früheren internationalen Erklärungen eingegangen sind, darunter die Aarhus-Konvention und die historische Resolution der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2022, in der das Recht auf eine gesunde Umwelt als Menschenrecht anerkannt wird. [1]

Anlässlich des 76ᵉ Jahrestages des Europarates am 5. Mai haben die Expert:innen und Sonderberichterstatter:innen der Vereinten Nationen [2] das Ministerkomitee auf die Notwendigkeit hingewiesen, Verhandlungen für ein Zusatzprotokoll aufzunehmen, das unerlässlich ist, um „das Leben, die Gesundheit, den Lebensunterhalt, die Kulturen und die Würde der heutigen und zukünftigen Generationen zu schützen“. [3] Im November letzten Jahres erinnerten sie in einem Brief daran, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bereits die Dringlichkeit einer ausdrücklichen Anerkennung des Rechts auf eine gesunde Umwelt betont hat. ASTM, Fairtrade Lëtzebuerg und Greenpeace fordern die Luxemburger Regierung sowie das Ministerkomitee auf, die Forderungen der Bevölkerung, der Wissenschaft und der Justiz zu respektieren.


Notizen:

[1] Alle 46 Mitgliedsstaaten des Europarats haben die UN-Resolution N-Res/76/300 (https://digitallibrary.un.org/record/3982508?ln=en&v=pdf#files) angenommen und 41 Länder, darunter Luxemburg, haben die Aarhus-Konvention unterzeichnet, die „das Recht jedes Menschen gegenwärtiger und zukünftiger Generationen, in einer Umwelt zu leben, die seine Gesundheit und sein Wohlbefinden sichert“ anerkennt (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/PDF/?uri=CELEX:22005A0517(01)). 

[2] Astrid Puentes Riaño, Sonderberichterstatterin für das Recht auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt; Elisa Morgera, Sonderberichterstatterin für die Förderung und den Schutz der Menschenrechte im Zusammenhang mit dem Klimawandel; Pedro Arrojo Agudo, Sonderberichterstatter für das Menschenrecht auf Trinkwasser und sanitäre Grundversorgung, Marcos A. Orellana, Sonderberichterstatter für die menschenrechtlichen Auswirkungen der umweltverträglichen Bewirtschaftung und Entsorgung gefährlicher Stoffe und Abfälle; George Katrougalos, Unabhängiger Experte für die Förderung einer demokratischen und gerechten internationalen Ordnung. Sonderberichterstatter:innen/Unabhängige Sachverständige/Arbeitsgruppen sind unabhängige Menschenrechtsexpert:innen, die vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen ernannt werden.

[3] OHCHR, Press release Special Procedures, Council of Europe must recognise the right to a healthy environment, UN experts urge, 5 mai 2025. https://www.ohchr.org/en/press-releases/2025/05/council-europe-must-recognise-right-healthy-environment-un-experts-urge