Luxemburg, 2. Juli 2025 – Heute Morgen haben Aktivist:innen von Greenpeace Luxemburg die Statue der Großherzogin Charlotte – eine Figur des Widerstands während des Zweiten Weltkriegs – symbolisch geknebelt, um auf die zunehmende Zahl von SLAPP-Klagen [1] aufmerksam zu machen. Die Aktion fordert die Regierung auf, den Schutz vor solchen Justizmissbräuchen zu verstärken und knüpft an den historischen Prozess zwischen Greenpeace International und dem Ölunternehmen Energy Transfer an, der am selben Tag in Amsterdam eröffnet wurde.

Credits: Lara d’Antonia, Greenpeace

Jedes Jahr werden in Europa Dutzende von Journalist:innen, Aktivist:innen und Whistleblower:innen mit Verfahren konfrontiert, die sie einschüchtern und zum Schweigen bringen sollen. Zwischen 2010 und 2023 gab es mehr als 1000 solcher Fälle, und Luxemburg bleibt davon leider nicht verschont. Obwohl 2024 eine EU-Richtlinie beschlossen wurde, die den Schutz vor solchen Übergriffen verbessern sollte, wurden auf nationaler Ebene keine konkreten Maßnahmen ergriffen, um diese Bestimmungen wirksam zu machen. Dies hat zur Folge, dass diejenigen, die sich für das öffentliche Interesse einsetzen, weiterhin für missbräuchliche juristische Manöver anfällig sind”, warnt Gauthier Hansel, Kampagner bei Greenpeace Luxemburg.

Greenpeace selbst wird derzeit mit Einschüchterungsklagen überzogen, die unter anderem von dem US-Unternehmen Energy Transfer nach friedlichen Protesten gegen ein Pipelineprojekt im Jahr 2016 initiiert wurden. Nach jahrelangen Verfahren verurteilte ein Geschworenengericht in North Dakota die NGO kürzlich zu einer Schadenszahlung von über 660 Millionen US-Dollar. Angesichts dieser eklatanten Einschüchterung schlug Greenpeace International zurück und klagte in den Niederlanden in einem historischen Gerichtsverfahren gegen Energy Transfer. Dabei handelt es sich um die allererste Klage, die sich auf die neue EU-Richtlinie beruft, um Schadenersatz zu fordern und um ein klares Zeichen zu setzen: Die Zeiten, in denen freiheitsberaubende Unternehmen die Zivilgesellschaft ungestraft mundtot machen konnten, sind vorbei.

Um den Beginn dieses ungewöhnlichen Prozesses zu würdigen, versammelten sich heute Morgen zahlreiche Aktivist:innen vor dem Gericht in Amsterdam. Sie hielten ein großes Transparent mit der Aufschrift “Energy Transfer, willkommen in der EU. Hier herrscht noch immer Meinungsfreiheit“, um Solidarität und Entschlossenheit zu demonstrieren und jeglichen Versuch der Einschüchterung durch die Justiz zu verhindern. Die Mobilisierung war Teil eines koordinierten Aktionstages, der in mehr als zehn Ländern stattfand und an dem sich 30 Organisationen beteiligten, von Umweltorganisationen bis hin zu Menschenrechts- und Pressefreiheitsgruppen.


Während einige europäische Länder ihr rechtliches Arsenal verstärken, um unfaire Verfahren zu unterbinden, darf Luxemburg nicht auf der Strecke bleiben“, betont Gauthier Hansel. „Auf der Grundlage der Empfehlungen der Europäischen Union und des Europarats muss die Regierung nun einen Schritt vorwärts machen und ehrgeizige Maßnahmen einführen: Richter:innen sollen in der Lage sein, offensichtlich unbegründete Klagen schnell abzuweisen, den Betroffenen soll ein effektiver Zugang zu Rechtshilfe garantiert werden, oder es sollen abschreckende finanzielle Sanktionen gegen Unternehmen eingeführt werden, die versuchen, die Zivilgesellschaft mundtot zu machen. Die Richtlinie gibt einen Rahmen vor, aber es liegt an jedem Staat, die Vorgaben in konkrete Schutzmaßnahmen umzusetzen, die den demokratischen Herausforderungen gerecht werden.”