Die Analyse soll die Genauigkeit der IAEA-Daten überprüfen

Tschernobyl, Ukraine, 18. Juli 2022In der Nähe der Ruinen des Kernkraftwerks Tschernobyl untersucht ein internationales Team von Strahlungsexperten unter der Leitung von Greenpeace Deutschland verlassene russische Militärstandorte auf radioaktive Kontamination. Russische Soldaten hatten während ihrer Besatzung des Geländes von Tschernobyl im März Schützengräben angelegt. Etwa 600 Soldaten waren dort stationiert. Das Forschungsprojekt wird mit Genehmigung der ukrainischen Regierung und in Zusammenarbeit mit Wissenschaftler der State Agency of Ukraine on the Exclusion Zone Management (SAUEZM) durchgeführt.

Zum ersten Mal seit Beginn der russischen Invasion werden unabhängige Messungen durchgeführt, um die Aussage der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) vom 28. April 2022 zu beurteilen. Nach Angaben der IAEO war zwar eine erhöhte Strahlung festzustellen, doch stellte diese keine große Gefahr für die Umwelt oder die Menschen dar. In ihren Statuen erklärt die Atombehörde übrigens, dass sie den Auftrag hat, die Kernenergie zu fördern.[1] Außerdem ist der stellvertretende Direktor der IAEO Michail Tschudakow ein langjähriger Mitarbeiter des russischen Atomkonzerns Rosatom [2].

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Shaun Burnie, ein Atomexperte von Greenpeace Deutschland, der in Tschernobyl vor Ort ist, sagte: “Wir wollen wissen, was wirklich vor Ort passiert ist. Die bisherigen Informationen der IAEO sind unzureichend. Die ukrainischen Behörden ermöglichen es dem Forschungsteam von Greenpeace Deutschland, unabhängige Informationen über den Strahlenschutz in der Region zu sammeln. Dazu gehört auch die Untersuchung der radioaktiven Verseuchung, die sich bei der Explosion des Reaktors in Tschernobyl 1986 in der Sperrzone abgelagert hat. Bei der Explosion 1986 wurden zwischen sieben und neun Tonnen Kernbrennstoff pulverisiert und in die Atmosphäre geschleudert.“

Während der russischen Besetzung der Region Tschernobyl warnten Greenpeace-Expert*innen, dass dies zu einer erhöhten radioaktiven Verseuchung führen könnte. Doch die IAEA gab Ende April Entwarnung.

Die Europäische Kommission unterstützt die Kernenergie aktiv, indem sie sie in ihre Taxonomie aufnimmt. Es ist wichtiger denn je, die Umweltauswirkungen von Tschernobyl, der schlimmsten Atomkatastrophe der Welt, zu untersuchen“, so Burnie.


Anmerkungen:

[1] International Atomic Energy Agency, The Statute of the IAE

[2] Greenpeace International, Greenpeace calls for IAEA to suspend deputy over ties to Russian state nuclear energy corporation, 15 March 2022