Luxemburg / Paris, 18. Juni 2021 – Nicht nur französische Städte wie Paris, Lyon oder Marseille wären je nach Wetterlage von einem schweren Atomunfall im Kraftwerk Tricastin betroffen, auch ausländische Städte wie München, Innsbruck, Brüssel, Barcelona, London oder Luxemburg hätten unter den katastrophalen Folgen zu leiden. Dies geht aus den neuesten Karten der Radioaktivitätsverteilung des Biosphären-Instituts in Zusammenarbeit mit Greenpeace Frankreich hervor. Das veraltete Kernkraftwerk Tricastin sowie die davon ausgehenden Gefahren stehen im Mittelpunkt des Prozesses gegen 34 Aktivist*Innen von Greenpeace Frankreich am 29. Juni in Valence [1].

Simulation eines starken nuklearen Unfalls in Tricastin (gemäß den Wetterbedingungen vom 25.11.2020)

Die Erstellung von mehr als 1000 Karten, die jeweils einer meteorologischen Situation  in den Jahren 2017, 2018 und 2020 entsprechen, ermöglicht es, die Richtung und die potentielle Gefahr der entstehenden radioaktiven Wolke abzuschätzen, die im Falle eines Unfalls vom Typ Tschernobyl oder Fukushima im Kernkraftwerk Tricastin entstehen würde [2]. 

Bei der Untersuchung von 1096 meteorologischen Konstellationen würden im Durchschnitt mehr als 13 Millionen Menschen innerhalb weniger Stunden einer Radioaktivitätsdosis ausgesetzt werden, die den öffentlichen Grenzwert von 1 mSV pro Jahr überschreitet. Je nach Wetterlage könnten fast alle Regionen und Großstädte in Frankreich sowie in den Nachbarländern Italien, Schweiz, Deutschland, Luxemburg oder Österreich kontaminiert sein.

Das in die Jahre gekommene und erdbebengefährdete Atomkraftwerk Tricastin, welches noch mindestens zehn Jahre von EDF weiter betrieben werden soll, stellt eine Bedrohung für Millionen Menschen dar, nicht nur in der Region Auvergne-Rhône-Alpes, sondern auch auf nationaler und internationaler Ebene”, erklärt Roger Spautz, Atomkampagner bei Greenpeace Frankreich und Luxemburg. 

Seit Jahren warnt Greenpeace vor den Risiken dieser Zentrale. Ein Reaktorbehälter weist mehr als 20 Risse auf. Das Kraftwerk befindet sich 6 Meter unter dem Niveau des Donzère-Mondragon-Kanals. Im Falle eines Erdbebens kann ein Durchbruch des geschwächten Dammes nicht ausgeschlossen werden. Eine daraus provozierte Überschwemmung könnte zu einem Unfall mit einer Kernstoffschmelze in den vier Reaktoren des Kraftwerks Tricastin führen.

Dennoch befindet sich das Kraftwerk Tricastin in einem Gebiet mit einem erhöhten Erdbebenrisiko, wie das Erdbeben vom 11. November 2019 zeigte. IRSN veröffentlichte gestern eine neue Stellungnahme zu den seismischen Bewegungen, die für die Sicherheit der Atomkraftwerke Cruas und Tricastin nach diesem Erdbeben zu berücksichtigen sind und ist der Auffassung, “dass beim derzeitigen Kenntnisstand, die von EDF vorgebrachten Argumente es nicht erlauben, dass die Erfahrungen des Erdbebens von 2019 die Definition der Gefahr in Tricastin ausschließen. Das IRSN hält es für notwendig, das Wissen über die Erdbebengefährdung in der Region um den Standort Tricastin auszubauen”. Fast 20 Monate nach dem Erdbeben in Südfrankreich ist immer noch nicht bekannt, ob das Kernkraftwerk Tricastin einem starken Erdbeben standhalten kann.

Die französische Regierung muss Verantwortung zeigen, indem sie endlich einen Termin für die Schließung des Kraftwerks Tricastin bestimmt. Nur so kann die Bevölkerung geschützt und gleichzeitig die Umgestaltung des Gebiets ermöglicht werden“, insistiert Roger Spautz. 


Anmerkungen für die Presse

[1] Am Morgen des 29. Juni findet vor dem Strafgericht in Valence der Prozess gegen 34 Greenpeace-Aktivist*Innen statt, die im Februar 2020 in das Kraftwerk Tricastin eingebrochen waren.
Um sie zu unterstützen, sind zwei Mobilisationen geplant:
– am 26. Juni in Montélimar gemeinsam mit dem Netzwerk Stop Tricastin und weiteren Umweltverbänden
– am 29. Juni ab 7:30 Uhr vor dem Justizvollzugsgericht in Valence (2 Place du Palais)

[2] Die radioaktiven Freisetzungen werden aus dem von der EDF ermittelten Kerninventar eines thermischen 2785 Megawatt Reaktors und den vom Institut für Strahlenschutz und Nukleare Sicherheit (IRSN) beschriebenen Größenordnungen eines Unfalls vom Typ S1 berechnet. Tägliche meteorologische Daten der Jahre 2017, 2018 und 2020 von der US National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) wurden verwendet, um die Ausbreitung radioaktiver Stoffe zu simulieren.

40 interaktive Karten mit Zoomfunktion zeigen die Ausbreitung der Radioaktivität im Falle eines Atomunfalls im Kraftwerk Tricastin. Bitte warten sie nach anklicken dieses Links 20 Sekunden bis das Modul geladen hat. Die Anzahl der Personen, die betroffenen wären, wird durch Klicken auf die Wolke angezeigt.  

Für über 50 Städte in Frankreich, Italien, Deutschland, der Schweiz, Spanien, Österreich, Belgien, Großbritannien und Luxemburg sind die 10 Wettersituationen, in denen die jeweilige Stadt am stärksten von einem schweren Atomunfall im Kernkraftwerk Tricastin betroffen wäre, über die folgenden Links direkt zugänglich. Die Karten können mit der Software Google Earth Pro geöffnet werden.

Alès (FRA), Arles (FRA), Avignon (FRA), Bordeaux (FRA), Besançon (FRA), Béziers (FRA),  Cannes (FRA), Carpentras (FRA), Clermont-Ferrand (FRA), Cournon-d Auver. (FRA), Dijon (FRA)Gap (FRA), Grenoble (FRA), Lyon (FRA), Marseille (FRA)Montélimar (FRA), Montpellier (FRA), Muhlouse (FRA), Nancy (FRA), Nimes (FRA), Orange (FRA), Paris (FRA), Perpignan (FRA), Rodez (FRA), St-Etienne (FRA), Strasbourg (FRA), Toulon (FRA), Toulouse (FRA), Valence (FRA), Valréas (FRA), Alba (ITA), Alessandria (ITA), Bologna (ITA)Firenze/Florence (ITA), Genoa/Gênes (ITA), Milano (ITA), San Remo (ITA), Torino/Turin (ITA), Freiburg im Breisgau (DEU), Koblenz (DEU), Köln (DEU), Mannheim (DEU), München/Munich (DEU), Stuttgart (DEU), Bern (CHE), Genève (CHE), Lausanne (CHE),  Barcelona (ESP), Figueras (ESP), Bregenz (AUT), Innsbruck (AUT), Villach (AUT), Bruxelles/Brussel (BEL), London (GBR), Luxembourg (LUX) 

Alle 1096 Simulationen sind hier verfügbar. Die Karten können mit der Software Google Earth Pro geöffnet werden. 

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