Brüssel/Luxemburg, 2. Februar 2022 – Die Europäische Kommission hat heute offiziell ihren umstrittenen Vorschlag veröffentlicht, Atomenergie und fossiles Gas als nachhaltige Aktivitäten in die europäische Taxonomie aufzunehmen. Diese Entscheidung kann dazu führen, dass private Investitionen in Höhe von Hunderten Milliarden Euro anstatt in saubere und erneuerbare Energien in Atomkraft oder fossiles Gas fließen, wodurch die Klimakrise beschleunigt wird.

Atomreaktoren produzieren nicht nur gefährliche und schwer zu entsorgende radioaktive Abfälle. Aufgrund ihrer langen Bauzeit können sie nicht rechtzeitig in Betrieb genommen werden können, um zur Erreichung der Klimaziele der EU bis 2030 beizutragen. Gas ist außerdem der umweltschädlichste Brennstoff in der EU, dessen explodierende Preise zu einer Energiekrise in Europa geführt haben.

AktivistInnen von Greenpeace Belgien stellen einen riesigen Dinosaurier vor dem Sitz der Europäischen Kommission und des Europäischen Rates in Brüssel auf, um gegen die mögliche Aufnahme von fossilem Gas und Atomenergie in die EU-Taxonomie bzw. die Liste der Richtlinien für nachhaltige Investitionen zu protestieren.

Dieser Vorschlag, der wissenschaftlichen Empfehlungen zuwiderläuft, untergräbt die Glaubwürdigkeit der EU, die den Anspruch erhebt, eine führende Rolle in Klima- und Umweltfragen zu spielen”, sagt Ariadna Rodrigo, Finanzkampagnerin bei Greenpeace EU. “Für Greenpeace ist die Aufnahme von Gas und Atom in die Taxonomie nicht anders zu erklären als ein Geschenk an zwei um ihr Überleben kämpfende Industriezweige. Dies stellt wohl der größte Fall von Greenwashing aller Zeiten dar“.

Die Plattform für nachhaltige Finanzen (Platform on Sustainable Finance), ein Gremium von über 50 Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft, das die Europäische Kommission in Bezug auf ihre nachhaltige Finanzpolitik berät, kommt in ihrer offiziellen Stellungnahme zu dem Schluss, dass die Bestimmungen zur Atomenergie, einschließlich radioaktiver Abfälle, gegen ein Schlüsselprinzip der Taxonomie verstoßen, das sicherstellen soll, dass alle einbezogenen Technologien “keine signifikanten Umweltauswirkungen mit sich bringen“. Die Gruppe der institutionellen Investoren zum Klimawandel, deren Mitglieder ein verwaltetes Vermögen von über 50 Billionen Euro repräsentieren, ist ebenfalls der Ansicht, dass die Vorschläge der Kommission betreffend Gas “Kapital in Aktivitäten lenken würden, die mit der Verpflichtung der EU, bis 2050 klimaneutral zu sein, unvereinbar sind“.

Nach Auffassung der Umweltjuristen der NGO ClientEarth ist die Aufnahme von fossilem Gas, der größten Quelle von Energieemissionen in Europa, in die Taxonomie mit mehreren EU-Gesetzen unvereinbar, insbesondere mit dem Klimaschutzgesetz von 2021. Mehrere Regierungen und Organisationen haben angekündigt, die Aufnahme von Gas und Atomkraft in die Taxonomie rechtlich anzufechten.

Nächste Schritte:

Es wird erwartet, dass die Mitglieder des Europäischen Parlaments, die bislang von dem Prozess ausgeschlossen wurden und bisher nicht die Möglichkeit hatten, den umstrittenen Vorschlag zu prüfen, sofort auf den Plan der Kommission reagieren werden.

Greenpeace fordert sie auf, gegen den Vorschlag zu stimmen. Eine Mehrheit des Parlaments, also 353 Abgeordnete, ist notwendig, um den Vorschlag abzulehnen.

Greenpeace fordert außerdem alle Finanzinstitute in der EU auf, Investitionen in Atomkraft und Gas als nicht ökologisch nachhaltig zu betrachten und bei ihren Entscheidungen Transparenz und wissenschaftliches Denken walten zu lassen.