Luxemburg, 12. Februar 2025 – Die europäischen Länder müssen Landwirte, kleine und mittelständische Saatgutzüchter sowie den Bio- und den gentechnikfreien Sektor vor den Gefahren für ihre Unternehmen schützen, die durch die Deregulierung neuer gentechnisch veränderter Organismen (GVO) entstehen, warnt Greenpeace gemeinsam mit mehr als 200 weiteren Organisationen. Sie wehren sich gegen einen Kompromissvorschlag zur Deregulierung neuer GVO, den Polen im Rahmen des EU-Ratsvorsitzes vorgelegt hat und den die Vertreter:innen der nationalen Regierungen am 14. Februar diskutieren werden. In einem Schreiben hatte Greenpeace Luxemburg die Landwirtschaftsministerin Martine Hansen aufgefordert, sich am kommenden Freitag im Europäischen Rat dafür einzusetzen, dass die Deregulierung neuer GVO-Pflanzen gestoppt wird. 

In der gemeinsamen Erklärung äußern die Organisationen die Sorge, dass neue GVO von den bestehenden GVO-Verordnungen der EU ausgenommen werden, die eine obligatorische Kennzeichnung, Sicherheitsprüfung und Nachweisverfahren für “alte GVO” vorschreiben. Die Verbraucher:innen werden im Unklaren darüber gelassen, was wirklich auf ihren Tellern landet, und das Geschäft kleiner und mittelständischer Saatgutzüchter, Landwirte und des Bio- und Nicht-GVO-Sektors in der EU wird gefährdet.

Die Sicherheitsprüfungen für die meisten neuen GVO sollen trotz potentieller Risiken abgeschafft werden, so dass sie unkontrolliert in die Natur und in unser Lebensmittelsystem gelangen können“, erklärt Martina Holbach, Kampaignerin bei Greenpeace Luxemburg. Angesichts der vielen Risiken, die die neuen GVO für die menschliche Gesundheit und die Natur bergen, sind wir zutiefst besorgt über eine mögliche überstürzte Einigung im Europäischen Rat. Es gibt eine Vielzahl von Problemen, die durch den Vorschlag der polnischen Ratspräsidentschaft jedoch nicht gelöst werden”.

Der polnische Vorschlag [1] bezieht sich sowohl auf gentechnisch veränderte (GV) Pflanzen als auch auf Wildpflanzen, die mit sogenannten “neuen Genome-Editing-Techniken” (NGT) erzeugt werden. Der Entwurf konzentriert sich auf Pflanzenpatente, lässt jedoch andere kritische Fragen wie Rückverfolgbarkeit, Nachweis und Identifizierung, Koexistenz oder mögliche Risiken für die Natur und die menschliche Gesundheit außer Acht. Eine Deregulierung neuer GVO würde die Kontrolle einer Handvoll Konzerne über das Saatgut verstärken, kleine und mittelständische Züchter benachteiligen und damit den Einfluss dieser Unternehmen auf die Landwirte verstärken. Nichtregierungsorganisationen, Landwirte und kleine und mittelständische Züchter warnen davor, dass dies eine Schwächung unserer Lebensmittelversorgungskette zur Folge hätte und wahrscheinlich zu einer geringeren Saatgutvielfalt führen würde. Die Saatgutvielfalt ist für die Landwirte von entscheidender Bedeutung, um sich an die lokalen landwirtschaftlichen Bedingungen und den Klimawandel anzupassen.

Polen hofft, im Europäischen Rat eine Mehrheit zu finden, die den Weg für die Aufnahme ·von Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament zur Verabschiedung des Gesetzes ebnen würde. Greenpeace und die anderen unterzeichnenden Organisationen fordern die EU-Regierungen auf, die neue GVO-Deregulierung abzulehnen und zu verlangen, dass “alle neuen GVO weiterhin einer Risikobewertung und Überwachung, Identifizierungs- und Nachweismethoden sowie der Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung entlang der Lebensmittelkette unterliegen.”


Notizen

[1] Seit die Europäische Kommission im Juli 2023 den ursprünglichen Vorschlag zur Änderung der bestehenden GVO-Vorschriften vorgelegt hat, konnten sich die EU-Regierungen nicht auf zentrale Fragen wie Patente und Kennzeichnung einigen. Die polnische Ratspräsidentschaft hat im Januar 2025 einen Kompromissvorschlag veröffentlicht, obwohl sich die polnische Öffentlichkeit mehrheitlich gegen GVO ausspricht. Der Kompromiss baut auf einer früheren Überarbeitung auf, die der belgische Ratsvorsitz im Februar 2024 vorgelegt hatte und für die kein Konsens gefunden werden konnte.