Luxemburg, 3. Juni 2025 – Neue Schätzungen des niederländischen Forschungsinstituts Profundo, die am 30. Mai von Greenpeace Niederlande veröffentlicht wurden, verdeutlichen die Folgen des geplanten Handelsabkommens zwischen der Europäischen Union und den Mercosur-Ländern (Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay). Dieses Abkommen würde multinationalen Konzernen wie dem brasilianischen Giganten JBS, dem größten Fleischproduzenten der Welt, massiv zugutekommen – auf Kosten der Natur, des Klimas sowie der Kleinbauern und Biobauern, sowohl in der EU als auch in Lateinamerika.

Am kommenden Donnerstag werden die Mitglieder der Parlamentskommission für Landwirtschaft, Ernährung und Weinbau über das Abkommen zwischen der EU und dem Mercosur debattieren. Greenpeace fordert die Politiker*innen im Parlament und in der Regierung auf, das Abkommen zwischen der EU und dem Mercosur abzulehnen, sich für eine strenge EU-Entwaldungsverordnung einzusetzen und deren konsequente Umsetzung ab Ende 2025 sicherzustellen.

“Das EU-Mercosur-Abkommen wird die Kassen des Fleischkonzerns JBS füllen, dessen Lieferketten in massive Naturzerstörung und Menschenrechtsverletzungen verwickelt sind und dessen verheerende Auswirkungen auf das Klima unbestreitbar sind. Die luxemburgische Regierung sollte Milliardären wie den beiden JBS-Chefs nicht ermöglichen, ihre Wirtschaftsmodelle auszuweiten, die auf der Ausbeutung natürlicher Ressourcen und auf sozialer Ausbeutung basieren”, erklärt Martina Holbach, Kampaignerin bei Greenpeace Luxemburg. „Luxemburg darf sich zudem nicht zum Handlanger dieser Konzerne machen, indem es sich aktiv für die Unterwanderung der europäischen Entwaldungsverordnung einsetzt. Dies würde in erster Linie den Interessen multinationaler Unternehmen wie JBS dienen, deren Aktivitäten zu den Hauptverursachern der Abholzung im Amazonasgebiet zählen.”

Luxemburgs Landwirtschaftsministerin Martine Hansen hatte beim EU-Landwirtschaftsministerrat in der vergangenen Woche unter dem Vorwand der „Vereinfachung des Verwaltungsaufwandes” die Initiative ergriffen und sich dafür ausgesprochen, die EU-Entwaldungsverordnung zu überarbeiten und deren Inkrafttreten zu verzögern. 

Den Untersuchungen von Profundo zufolge könnte JBS dank der Senkung der Zölle auf Fleisch und der potenziellen Steigerung seines Exportvolumens bis 2040 zusätzliche Gewinne in Höhe von 1,7 Milliarden Euro vor Steuern (1,2 Milliarden Euro nach Steuern) erzielen, wenn das Abkommen zwischen der EU und dem Mercosur verabschiedet wird [1]. Dies entspricht 8% der aktuellen Marktkapitalisierung von JBS, also fast seinem durchschnittlichen jährlichen Nettogewinn. [2]

Die Untersuchung von Profundo kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die Minderheitsaktionäre von JBS dem Vorschlag des Unternehmens zugestimmt hatten, seine Aktien an der New Yorker Börse zu notieren. [3,4,5] Mit dem Börsengang ist eine Umstrukturierung des Konzerns verbunden, bei dem die Muttergesellschaft von JBS von Brasilien in die Niederlande verlegt wird. Durch die Umstrukturierung erhöht sich auch die Stimmrechtskontrolle der milliardenschweren Brüder Batista von 48% auf fast 85%, (gehalten durch die Luxemburger JBS-Holdinggesellschaft J&F Investments Luxembourg Sàrl), wodurch die Minderheitsaktionäre weniger Einfluss auf Umwelt- und Menschenrechtsfragen im Unternehmen nehmen können.

Das EU-Mercosur-Abkommen muss noch von den EU-Staaten ratifiziert werden, stößt jedoch aufgrund seiner potenziellen Auswirkungen auf Wälder, Klima sowie Landwirtinnen und Landwirte auf den Widerstand mehrerer Parlamente und Regierungen. Eine Abstimmung im EU-Ministerrat ist für September 2025 geplant, die Abstimmung im Europäischen Parlament soll wenige Wochen später folgen.


Anmerkungen :

[1] JBS (ohne Datum). Our Business, Website, JBS SA, abgerufen am 19. September 2024

[2] Marktkapitalisierung zum 8. April 2025; der durchschnittliche Nettogewinn von JBS für 2022-24 belief sich laut Profundo auf 1,4 Mrd. Euro.

[3] JBS, ‘JBS Completes SEC Registration and Calls Shareholders’ Meeting to Vote on Dual Listing’’, 23 April 2025

[4]  https://ri.jbs.com.br/en/cvm-and-sec-filings/notices-to-shareholders-and-material-facts/  

[5] Im April wurde berichtet, dass eine Spende in Höhe von 5 Millionen US-Dollar von Pilgrim’s Pride, einem Geflügelunternehmen im Besitz von JBS, die größte Spende für den Amtseinführungsfonds von US-Präsident Donald Trump war. Mother Jones, ‘‘Corporate Chiefs Gave Trump’s Inaugural Committee $250 Million. Benefits Abound’, 18 April 2025.