Luxemburg, 6. August 2025 – Greenpeace Luxemburg und Nextra Consulting GmbH stellten heute eine detaillierte Analyse [1] des zweiten Nachhaltigkeitsberichts des Fonds de compensation (FDC) vor. Die Expert:innen von Nextra Consulting kommen zu dem Schluss, dass der luxemburgische Pensionsfonds trotz seiner erklärten Verpflichtung zu verantwortungsbewussten Investitionen seit 2020 nur sehr wenige strategische Änderungen im Bereich Nachhaltigkeit vorgenommen hat.
Vier Jahre nach seinem ersten Nachhaltigkeitsbericht hat der FDC seine Anlagestrategie noch immer nicht an das Pariser Abkommen angepasst. Sein Portfolio von aktuell fast 30 Milliarden Euro bleibt auf einem Kurs, der zu einer Erwärmung von „2 bis 3°C” führt, weit entfernt vom Ziel von maximal 1,5°C. Diese Situation lässt sich durch mehrere strukturelle Schwächen erklären, die in der Analyse identifiziert wurden: das Fehlen ambitiöser und verbindlicher Anforderungen für die Integration von ESG-Kriterien [2], intransparente Bedingungen für die Auswahl der Vermögensverwalter und deren Engagement-Verpflichtungen gegenüber Unternehmen sowie die Weigerung des FDC, bestimmte Sektoren von seinen Investitionen auszuschließen.
„Unsere Analyse zeigt, dass die derzeitige Nachhaltigkeitsstrategie des Fonds sowohl ökologische Risiken als auch mögliche finanzielle Risiken birgt“, sagt Dr. Martin Granzow, Geschäftsführer der Nextra Consulting GmbH. „Insbesondere langfristige Auswirkungen des Klimawandels und anderer Nachhaltigkeitsfaktoren sollten aus unserer Sicht stärker in die Risikobetrachtung einbezogen werden, um den Verpflichtungen gegenüber den Begünstigten dauerhaft gerecht zu werden.”
Nach ergänzenden Angaben von Greenpeace enthält der im Mai dieses Jahres veröffentlichte Jahresbericht der FDC SICAV-FIS alarmierende Zahlen. Im Jahr 2024 investierte der Fonds mehr als 1,3 Milliarden Euro in führende Unternehmen der Kohle-, Öl- und Gasindustrie [3], was einem Anstieg von mehr als 46 % gegenüber 2022 entspricht. Diese Investitionen umfassen 174 Millionen Euro in mehr als 160 Kohleunternehmen, darunter BHP Billiton, EnBW Energie Baden-Württemberg, Duke Energy, Glencore und RWE, sowie rund 1,2 Milliarden Euro in rund 250 Öl- und Gasunternehmen wie ExxonMobil, TotalEnergies, Shell und Chevron sowie Unternehmen wie Siemens und Microsoft, die am Ausbau neuer fossiler Kraftwerkskapazitäten beteiligt sind. Außerdem investierte der FDC 152 Millionen Euro in Unternehmen, die für die Abholzung von Wäldern verantwortlich sind, wie beispielsweise der weltweit größte Fleischkonzern JBS.
„Paradoxerweise hebt der FDC in seinem Bericht die angeblich positiven Auswirkungen seines Portfolios hervor [4], obwohl die Überprüfbarkeit und Nachvollziehbarkeit dieser Informationen stark eingeschränkt ist”, ergänzt Sarah Hirsch, Beraterin bei Nextra Consulting. „Der Fonds rühmt sich außerdem damit, dass alle seine aktiv verwalteten Vermögenswerte ein LuxFLAG-Label erhalten haben. Dabei ist zu beachten, dass diese Labels allein noch keine Aussage über die tatsächliche Wirkung des Fonds in Bezug auf seine Nachhaltigkeitsziele zulassen.“
„Die luxemburgische Regierung und die Verantwortlichen des FDC handeln unverantwortlich, indem sie die Beiträge der Rentenversicherten in Unternehmen investieren, die nicht in das Portfolio eines verantwortungsbewussten institutionellen Investors gehören“, kritisiert Martina Holbach, Kampagnerin bei Greenpeace Luxemburg. “Klimaschutz ist ein Menschenrecht. Der Internationale Gerichtshof hat erst kürzlich bestätigt, dass die Staaten die 1,5°C-Grenze einhalten und mit der gebotenen Sorgfalt dafür sorgen müssen, dass ihre Klimapolitik mit den internationalen Zielen im Einklang steht. Ein Staat, der erhebliche Schäden am Klimasystem nicht verhindert, begeht eine völkerrechtswidrige Handlung, für die er haftbar ist [5]. Der FDC muss seine klimaschädlichen Investitionen einstellen.“
Um die Mängel der Nachhaltigkeitsstrategie zu beheben, empfehlen die Experten von Nextra Consulting klare und ehrgeizige Nachhaltigkeitsstandards für die Auswahl von Vermögensverwaltern festzulegen, strenge Überwachungsprozesse einzuführen sowie die Transparenz der Nachhaltigkeitsindikatoren und die Anforderungen an das Engagement gegenüber Unternehmen zu verbessern. Greenpeace fordert die Regierung und den FDC auf, die Investitionen des Rentenfonds unverzüglich an den Zielen des Pariser Abkommens auszurichten und Fragen der nachhaltigen Entwicklung umfassend zu berücksichtigen.
Anmerkungen:
[1] Eine Zusammenfassung des Nextra Berichts (ebenfalls auf englisch) ist hier verfügbar.
[2] ESG: Umwelt, Soziales, Unternehmensführung
[3] Gemäß den aktuellen Ausschlusslisten der NGOs Urgwald, coalexit.org und gogel.org
[4] Der FDC hebt in seinem gesamten Bericht die angeblich positiven Auswirkungen seines Anlageportfolios hervor. Diese positiven Auswirkungen basieren jedoch wahrscheinlich auf nicht überprüfbaren Informationen, die von den Unternehmen selbst bereitgestellt wurden, oder auf Schätzungen der Vermögensverwalter. Ähnliche Praktiken haben bereits zu Klagen von VerbraucherInnen und Verbraucherverbänden geführt, in denen die Gerichte entschieden haben, dass die Aussagen zu den Auswirkungen nicht logisch nachvollziehbar waren oder irreführende Praktiken darstellen.
[5] Absatz 409 des Gutachtens des Internationalen Gerichtshofs.