Luxemburg, 30. März 2022 – Action Solidarité Tiers Monde (ASTM) und Greenpeace Luxemburg haben Nextra Consulting[1] beauftragt, die Investitionen des Fonds de compensation commun au régime général de pension (FDC) für das Jahr 2020 im Hinblick auf Nachhaltigkeit zu analysieren. Der FDC hat in seinem Nachhaltigkeitsbericht erklärt, dass er sich als institutioneller Vermögensverwalter “seiner ökologischen und sozialen Verantwortung sowie seiner Verantwortung für eine gute Unternehmensführung bewusst ist”.[2] Die von Nextra Consulting durchgeführte Analyse zeigt jedoch, dass die Investitionspraxis des FDC wenig ambitioniert, unzureichend und intransparent ist. Im Laufe des Jahres 2022 wird der FDC seine Anlagestrategie für den Zeitraum 2023-2028 überarbeiten – eine einmalige Gelegenheit, seine Nachhaltigkeitsleistung deutlich zu verbessern. In diesem Zusammenhang schlagen ASTM und Greenpeace konkrete Schritte in Bezug auf Governance, Anlagestrategie, Divestment sowie gesetzgebende Maßnahmen vor, um den staatlichen Pensionsfonds Luxemburgs auf seinem Weg zur Anpassung an das Pariser Abkommen und zur Achtung der Menschenrechte voranzubringen.

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Die Liebe des FDC zu fossilen Brennstoffen

Der FDC – eine öffentliche Einrichtung eines Landes, das das Pariser Abkommen ratifiziert hat – investiert weiterhin das Geld der Bürger*innen in die fossile Brennstoffindustrie. Die Investitionen des FDCs im Jahr 2020 sind mit einem potenziellen Temperaturanstieg von 2.7°C bis 2050 verbunden, wobei zwei Teilfonds sogar auf einen Emissionspfad von 6°C zusteuern. Der FDC finanziert über sein Portfolio 1.001.741 Tonnen Kohlenstoffemissionen, was 9% der direkten Treibhausgasemissionen Luxemburgs entspricht. Darüber hinaus investiert der FDC in Unternehmen, die an umstrittenen Geschäftspraktiken zur Energiegewinnung beteiligt sind, wie z. B. Bohrungen in der Arktis, Hydraulic Fracturing (Fracking) und die Gewinnung von Ölsand sowie Schieferöl und -gas. Diese Geschäftspraktiken werden häufig mit Schädigungen von Ökosystemen und Menschenrechtsverletzungen in Verbindung gebracht.

Der blinde Fleck des FDC: Menschenrechte

Der FDC und die von ihm beauftragten Vermögensverwalter versäumen es, die Menschenrechte in ihre Nachhaltigkeitsansätze und bei ihren Anlageentscheidungen zu berücksichtigen. Zwar verweist der FDC häufig auf seine Ausschlussliste, um sein Engagement für Nachhaltigkeit zu demonstrieren, aber dieser Mechanismus ist nicht nur intransparent, sondern auch unzureichend. Die von Nextra durchgeführte Analyse ergab, dass es innerhalb des aktiv verwalteten Portfolios des FDC 282 gemeldete Fälle von 196 Unternehmen gibt, die es versäumt haben, eine Sorgfaltsprüfung in Bezug auf die Menschenrechte durchzuführen. Der Finanzsektor ist besonders betroffen, da 30 dieser 196 Unternehmen Banken sind. Auch im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf die Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG) weisen 47% der Unternehmen im FDC-Portfolio eine negative SDG-Bewertung auf. Die Investitionen des FDC wirken sich besonders negativ auf SDG 8 (menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum) aus, wo 51% der Unternehmen eine negative Auswirkung haben, und auf SDG 12 (verantwortungsvoller Konsum und verantwortungsvolle Produktion), wo 37% der Portfoliounternehmen eine negative Auswirkung haben.

Die finanziellen Risiken der FDC-Investitionen

Die Exposition der FDC-Investitionen gegenüber potenziellen verlorenen Vermögenswerten “Stranded Assets” ist besorgniserregend. Die meisten Unternehmen, in die der FDC investiert, weisen keinen konkreten, messbaren Plan für den Übergang zu einem nachhaltigen Geschäftsmodell auf. Durch Investitionen in fossile Brennstoffe und andere kohlenstoffintensive Unternehmen sowie in Länder, die im geopolitischen Sinne als Risikoregionen gelten, setzt sich der FDC möglichen finanziellen Verlusten aus. Der russische Einmarsch in der Ukraine und die Folgen für die Energieversorgung in Europa verdeutlichen das Risiko, das der FDC eingeht, wenn er in Unternehmen investiert, die den Übergang nicht schaffen. Die derzeitige Krise hat auch deutlich gezeigt, wie Finanz- und Investitionsentscheidungen als Druckmittel zur Erreichung politischer Ziele eingesetzt werden können.

Angesichts dieser besorgniserregenden Schlußfolgerungen fordern ASTM und Greenpeace den FDC und die luxemburgische Regierung auf, bei der anstehenden Überarbeitung der Strategie ihrer Verantwortung gerecht zu werden und einen rechtlichen Rahmen sowie eine ehrgeizige Investitionspolitik für einen nachhaltigen Rentenfonds zu schaffen. Das Mandat des FDC, wie es im Gesetz vom 6. Mai 2004 festgelegt ist, muss geklärt werden. Um jegliche Anfechtung in diesem Punkt zu vermeiden, sollte das Mandat ausdrücklich Nachhaltigkeitskriterien enthalten.

Damit der FDC nachhaltig wird, muss er eine globale, kohärente und ehrgeizige Anlagestrategie für den Fonds als Ganzes sowie für die Vermögensverwalter und ihre mandatierten Teilfonds (sowohl aktiv als auch passiv verwaltet) beschliessen und umsetzen. Alle Investitionen müssen mit dem Ziel des Pariser Abkommens, die globale Erwärmung auf 1.5 °C zu begrenzen, sowie mit der Internationalen Menschenrechtskonvention in Einklang stehen.


[1] Nextra Consulting ist eine unabhängige Unternehmens- und Managementberatung mit Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit (https://nextra-consulting.com/).

[2] Fonds de compensation (2020): Sustainable Investor Report (https://fdc.public.lu/dam-assets/publications/Sustainable-Investor-Report-2020-final-web-version-.pdf)


Die von Nextra durchgeführte Analyse ist hier einsehbar.